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Fakten zur Aufführung 

FAUSTUS, THE LAST NIGHT
(Pascal Dusapin)
18. April 2008

Philharmonie Essen


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Fragwürdige Existenz

Es ist Oper gewordene Philosophie, was Pascal Dusapin in den imaginären Szenen eines absolut erkenntnishungrigen, machtbesessenen Faust vermittelt. Da geht es nicht um den klassischen „Wahrheits-Suchenden“, sondern um den Zyniker der Macht, um den hoffnungslos Verdammten, dessen Seele am Ende substanzlos entweicht. Es ist die Musik gewordene Umsetzung des nihilistischen Existenzialismus: Die Hölle ist in uns.

An der Berliner Staatsoper szenisch uraufgeführt - allerdings ohne nachhaltige Resonanz - wird die Koproduktion mit der Oper Lyon in der Essener Philharmonie zum eindeutigen Höhepunkt der Spielzeit.

Das Orchestre de l’Opera National de Lyon interpretiert die vielfältig aussagekräftige Musik Pascal Dusapins mit enormer Leidenschaft, vermittelt unter dem umsichtig vitalen Jonathan Stockhammer die Dissonanzen, verzweifelten Eruptionen, fließenden Reflexionen, individuelle Aggressivität, versöhnende Largi und eschatologischen Untergangs-Erlebnissen als ein Panoptikum musikalischer Authentizität. Orchestrale Kollektivität, faszinierend-perfekte Instrumentengruppen, brillant artikulierende Soloinstrumente demonstrieren eine Musik, die für skeptische Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen und der Kontroverse um neue Strukturen steht.

Georg Nigl singt den machtbesessenen Faust mit stupender Stimmkompetenz, intoniert in allen Stimmlagen tonsicher und differenziert phrasierend – man hält es für nicht möglich, Falsett und Brust-Stimme flexibel zu verbinden: Georg Nigl gelingt diese Stimmkunst und weitere Virtuosität mit hinreißender interpretierender Kraft. Stephen West singt den streitbar-argumentativen Mephistopheles mit phantastisch flexibler Stimme, interpretiert den gescheiterten Boten der Hölle mit tiefem Ernst. Robert Wörle als der Vagabund Sly – Shakespeare-adaptiert – und Jaco Huijpen als Togod – ein von Beckett verfremdet übernommener gefallener Engel – beeindrucken mit kontrollierter Stimmkultur; und Caroline Stein als „guter Engel“ setzt anrührende Akzente.

Eine Projektion des sich allmählich vollziehenden, im Ablauf nicht zu realisierenden Wechsels von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen bildet den optisch imaginativen Aspekt der konzertanten Präsentation.

Das voll konzentrierte und von Musik und Gesang faszinierte Publikum in der Essener Philharmonie ist während der Vorführung wie gebannt, dankt am Ende mit spontanen standing ovations! Tief empfundener Dank an alle Beteiligten! (frs)