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Fakten zur Aufführung 

LE DAMNATION DE FAUST
(Hector Berlioz)
31. August 2007

Philharmonie Essen

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Musik vom anderen Stern

„Nur konzertant“ – Was will das heißen, wenn das Boston Symphony Orchestra aufspielt, der Tanglewood Chorus singt – James Levine den Stab führt!?

So wie die Bostoner in allen Instrumentengruppen – die fulminanten Streicher, die geradezu überirdischen winds, die unglaublich perfekt-musikalischen Bläser – und im zusammengeführten Kollektiv Berlioz vortragen: Das ist Musik wie von einem anderen Stern – nicht nur technisch hochperfekt, unglaublich im Zusammenspiel des riesigen Klangkörpers, routiniert in der Abstimmung hochklassiger Instrumentalisten - das ist eine Interpretation der Berlioz-Musik, die unmissverständlich deutlich werden lässt: Hier (1846) beginnt die Geschichte der „modernen“ Musik – mit Wagner im Gefolge, mit Auswirkungen bis Schostakowitsch und heutige Komponisten. Emotionen kochen hoch, Stilbrüche werden zelebriert, Instrumente aufeinander gehetzt, Tonarten scheinbar willkürlich gegeneinander gesetzt, eine Dynamik provoziert, die ans Unerträgliche grenzt.

Und dies alles leitet James Levine, halb sitzend, mit sparsamen Gesten, mit intensiver Kommunikation, in permanenter Absprache mit den so großartigen Musikern – und Sängern!

Denn da ist ja der 150köpfige Tanglewood Festival Chorus – in unglaublicher Perfektion aufeinander abgestimmt, souverän in den komplexen Schattierungen, virtuos im kollektiven Klang -

Und das alles ohne Notenblätter! Erstaunlich, wie sich in diesem extraordinären Umfeld der Kinderchor des Philharmonischen Chores Essen angemessen zurechtfindet!

Wenn sich denn die Faszination des Berlioz-Faust-Dramas durch Boston Symphony und Tanglewood Choir vermittelt, so beeindrucken die Gesangs-Solisten durch noble Zurückhaltung. Und wer sich fragt, wie solch noblen Charaktere mit den archaischen Katastrophen zwischen Faust, Mephisto und Marguerite fertig werden können, der muss sich auf die Berlioz-Konzeption einlassen, die sich durchaus vom orchestralen aplomb abhebt.

Und so überzeugen der geschmeidig artikulierende Marcello Giordani als philosophischer Faust, Yvonne Naef als moralisch-liebende Marguerite und Jose van Dam als grandseigneurhafter Mephistopheles mit ihrem distinguiert-kultivierten Duktus.

In der Essener Philharmonie macht sich sprachlose Bewunderung breit, die dann am Schluss zu explosionsartigem Beifall mit standing ovations und nicht enden wollendem Applaus-Orkan führt. Unvergesslich!

Zwei Anmerkungen seien aber erlaubt: Wenn der Sponsor glaubt, durch die Rekrutierung der Philharmonie-Garage für seine Gäste neue Sympathisanten zu gewinnen, liegt er konzeptionell falsch. Und wenn man im Saal statt Übertitel einzublenden, Texthefte verteilt, hat man vergessen, wie des Französischen nicht Kundige Kurzsichtige mit panikartigem Blättern nervende Unruhe verbreiten. (frs)