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Fakten zur Aufführung 

TRISTAN UND ISOLDE
(Richard Wagner)
14. Juli 2006
(Premiere: 8.7.06)

Tiroler Festspiele
(Passionsfestspielhaus Erl)

Points of Honor                      

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Tod der Gefühle

Geradezu berauschend ist der federnd-transparente Orchesterklang und voller Emphase, die den handelnden Personen versagt ist: Marke im Kutschermantel, Brangäne is bourgeoiser Gouvernanten-Ausstattung, Isolde zickig-mädchenhaft mit einem Cul de Paris, Melot im Dienerwams, Tristan mit (Wagner-)Barett als Zeichen der Obstruktion. Sie alle sind gefangen in den verklemmenden Comments der alles Lebendige erläuternden Bourgeoisie – der Liebesakt gerät zum kontrollierten Nebeneinander; am Ende deckt Isolde das Leichentuch über die Toten und stirbt: Tod der Gefühle.

Der ungeheure Gegensatz von imaginierend vitaler Musik und der wirkungsangemessenen Deutung gelingt Dirigent und Regisseur Gustav Kuhn äußerst effektvoll – sozusagen dialektisch: der Tod der Gefühle wird musikalisch konterkariert und löst beim Zuschauer heftige Emotionen aus.

Das prachtvoll aufspielende Orchester der Tiroler Festspiele sitzt gestaffelt auf der Bühne, davor eine attraktive Spielfläche mit Segeln, Gangways, Reling, Bänken und Abgängen in den Orchestergraben (Bühne Ina Reuter; Kostüme Lenka Radecky).

Michaela Sburlati ist keine Heroine, verleiht der domestizierten Isolde einen Charakter zwischen Zurückhaltung und Sehnsucht; ihre Stimme vermag viele Nuancen eines zerstörten Gefühlslebens zu vermitteln. Alan Woodrows leicht gepresst wirkender Tenor zeigt seine Qualitäten im 3. Akt mit außergewöhnlichem Stehvermögen: vierzig Minuten elementare Klage gegen die Zwänge der Welt; erst Wahnvorstellungen ermöglichen diese Eruption gegen die starre Ordnung. Duccio Dal Monte präsentiert einen selbstgerechten Markemit wuchtigem Bariton; Monika Wäckerle gibt die Brangäne mit beherrschtem Mezzo als dienstbarer Geist; Michael Kupfer gelingt im 3. Akt ein aufmüpfiger Kurwenal, darstellerisch hinreißend, stimmlich prägnant. Die Accademia di Montegral beweist ihre Funktion als Quell eines schier unversiegenden Stroms attraktiver Sänger – staunenswert und zu bejubeln!

Ein volles Passionsspielhaus mit direkter Akustik beherbergt ein begeisterungsfähiges Publikum, das auch den – getreu dem Regie-Konzept – „zähen“ 2. Akt eher erwartungsvoll hinnimmt und am Ende die bravourösen Leistungen enthusiastisch feiert. (frs)


Fotos: © Rupert Larl