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Fakten zur Aufführung 

DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR
(Otto Nicolai)
8. Mai 2010
(Premiere: 7. März 2010)

Theater Erfurt


Points of Honor                      

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Knete und Kommerz

Rache ist süß, das wissen auch Frau Reich und Frau Fluth – und für Rache an Sir John Falstaff gilt: je mehr desto besser. Schließlich hat der heruntergekommene Ex-Ritter die beiden Damen ziemlich dreist behandelt um an deren Geld zu kommen.

Otto Nicolai hat 1849 Shakespeares Komödie von den lustigen Weibern von Windsor vertont, Regisseur Waut Koeken versucht dem komödiantischen Schwung nachzuspüren und verlegt die ganze Geschichte in einen Einkaufstempel von heute, wie er auch mitten in Erfurts Stadtmitte (am Anger) steht: Geschäfte und Gastronomie, viel Hektik und Menschengewimmel – links oben im zweiten Stock ein Discounter namens Otto, eine Etage tiefer die Firma Nicolai. Rechts oben die Filiale von „Maß für Maß“, darunter das Bistro mit dem klassischen Namen „Zum Hosenbande“. Mode wird auch verkauft: bei Reich („seit 1849“) und in der Boutique Fluth. Ein aktuelles Ambiente also, das schnell klar macht: der (vermeintliche) Sinn des Lebens ist Kommerz, Karriere und Knete. Und so sehen auch etliche Typen aus, die da in eiligem Tempo und mit wichtigen Aktenkoffern durch die Shopping Mall hasten. John Falstaff ist dagegen ein richtiger Kontrapunkt, ein Genießer, ein Gemütlicher, nie hektisch, immer in sich ruhend und mit viel Platz für belebenden Sekt in seinem beträchtlichen Bauch.

Waut Koeken legt eine wahrlich temporeiche Inszenierung vor. Da ist enorm viel Bewegung (perfekte Choreografie: Ela Baumann) – halt wie im echten Leben einer pulsierenden Stadt. Doch lassen sich Witz und Humor, wie Otto Nicolai sie seinem Publikum einst präsentierten, nicht so einfach aktualisieren. Libretto und Musik – beides verströmt eine Heiterkeit aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Da gibt es Possen, die lange nicht mehr zünden, die man stattdessen eher teilnahmslos registriert. Biedermeier heißt die Epoche, in der Otto Nicolai seine Oper schrieb. Und biedermeierlich ist und bleibt die Ausstrahlung der Oper auch in Wout Koekens Lesart, die zudem die Längen des Stückes immer wieder erfahrbar macht.

Gesungen wird im Theater Erfurt sehr schön. Dario Süß ist darstellerisch wie stimmlich ein durch und durch überzeugender Falstaff mit raumgreifendem und immer textverständlichem Bass. Julia Neumann lässt als Frau Fluth ihren glanzvoll funkelnden Sopran strömen, Stefanie Schaefer ist mit ihrem runden und tragfähigem Mezzo eine ausgezeichnete Frau Reich. Christa-Maria Dalby geht völlig auf in ihrer Rolle als über beide Ohren in Fenton Verliebte. Berührend ihre große Arie, in der sie von der Erfüllung eben dieser Liebe träumt. Den Angebeteten gestaltet Marwan Shamiyeh etwas eindimensional und mit in der Höhe leicht gequetschtem Tenor. Fentons „Konkurrent“ ist zum einen der wie immer verlässliche Jörg Rathmann als Junker Spärlich. Zum anderen Ji-Su Park, ein junger Nachwuchssänger aus dem Thüringer Opernstudio. Der legt all seine Gefühle und Gedanken in die Figur des Dr. Cajus – virtuos gespielt, prächtig gesungen. Bleiben die beiden Ehemänner: Peter Schönes von Eifersucht gequälter Reich ist ein Ohrenschmaus – ebenso wie Sebastian Pilgrims durch und durch nobler, klangsatter Fluth.

Samuel Bächli steht am Pult des Philharmonischen Orchesters Erfurt. Das spielt mit Akkuratesse, legt ein gefälliges Brio auf, lässt es aber auch krachen – dort, wo Nicolais Partitur es erfordert. Prima!

Das Publikum spendete freundlichen Applaus, auch wenn manch einer am fortgeschrittenen Abend sich schon mal unruhig auf den gottlob sehr bequemen Erfurter Theaterstühlen bewegte.

Christoph Schulte im Walde

 











Fotos: Lutz Edelhoff