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Fakten zur Aufführung 

FRIEDENSTAG
(Richard Strauss)
5. Juli 2003 (Premiere)

Domstufen-Festspiele Erfurt

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Ambivalent

Zweifach verblüfft der Beginn der "Friedenstag"-Premiere auf den Domstufen: zu sehen ist eine irritierende Gitterkonstruktion mit einer Metallbrücke über die kaum noch sichtbare Stufenlandschaft zwischen Severin und Dom und eine 110-stufige Metall-Treppe über der magisch-realen Treppe; und Intendant und Regisseur Guy Montavon versichert dem Publikum des open-air-events, er habe "mit Petrus über E-Mail gesprochen"(!). So bleibt Hank Irwin Kettels aufwendige Bühnenkonstruktion l'art pour l'art, aufleuchtende Neonröhren geben geometrische Effekte, vermitteln aber wenig vom epochalen Impetus des Mordens im 30-jährigen Krieg - zumal die Handlung weitgehend am Fuß der Konstruktion stattfindet; der mystische Ort mit den monumentalen Kirchenkulissen spielt kaum eine Rolle.

Guy Montavon lässt die Akteure - den Durchhalte-Kommandanten, seine Truppen, die belagerte Bevölkerung, seine liebende Maria, den gegnerischen Feldherrn, die metaphorische Figur des "Friedens" - auf diesen Metalltreppen auf und ab wandern, ohne dass Spannungen zwischen den divergierenden Positionen entstehen. Doch sorgen vielfältige Lichteffekte mittels Schweinwerfern, Feuerwerk, Rauchkapseln, Fackeln für eine animierende Atmosphäre.

Gesang und Musik werden über riesige Boxentürme verstärkt (was allerdings den Ton aus anderen Richtungen kommen lässt, als es die Positionen von Sängern und Orchester erwarten lassen). Der Kommandant - im Stil eines Star-Wars-Kriegers mit Neon-Lanze - von Juan Carlos Mera-Euler lässt einen kraftvoll-variablen Bariton hören, doch wird der ungemein flexibel-voluminöse Sopran Kelly Gods am besten mit den Widrigkeiten der monströsen Verstärkungsapparate zurecht: man möchte sie gern im Opernhaus im Original hören! Die Chöre werden in der Schluss-Apotheose aus der Technik ausgeklinkt und schaffen in 250köpfiger Besetzung einen intensiven Klang, der am Schluss endlich den akustischen Einheitseindruck überwältigend überwindet.

"Amplification: the death knell of the opera!" Dieses provozierende Apercu findet Bestätigung im gleichbleibend sterilen Orchesterklang, der das Auditorium beschallt. Doch scheint auch Walter E. Gugenbauer mit dem Philharmonischen Orchester Erfurt nicht zum perfekten Zusammenspiel zu finden: alles klingt unsauber in der Intonation, ruppig, ohne Strausssches Pathos, ohne die Brüche in den romantisierenden Passagen und den pathetischen Choraladaptionen.

Das Bemühen um die Friedensbotschaft trifft beim gespannten Publikum auf offene Ohren - der wohldosierte Applaus nach 75 Minuten macht aber deutlich, wo die Präferenzen liegen: abgestufter Jubel für die Solisten und den Chor, Zurückhaltung bei Orchester und Regieteam. Schade, dass dem Publikum die Besetzung der Hauptrollen nicht mitgeteilt wird. (frs)