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Fakten zur Aufführung 

DIE CSARDASFÜRSTIN
(Emmerich Kálmán)
28. Oktober 2009
(Premiere: 25. Oktober 2009)

Theater Erfurt


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Abschied für immer

Da kreist die Drehbühne und wird vom Nachtclub zum hochherrschaftlichen Salon oder zur Hotellobby. Da drehen sich Jahrhundertwende-Pärchen im Walzerklang auf dem großen Ball und da fliegen die Röcke und der Kopfputz der halbseidenen Damen (Choreografie: Jacqueline Davenport und Rudolf Hanisch). Klar, man ist mitten drin in einer Operette. Kabarett-Altmeister Werner Schneyder und Monika Gora zeigen, wie es zugeht, wenn der adlige Erbe sich unstandesgemäß verliebt und nach Irrungen und Wirrungen seine Angebetete dann endlich doch bekommt. Mal ehrlich: das klingt alles ganz schön verstaubt, konventionell und eher nach Operetten-Langeweile. Dass im Erfurter Theater jedoch ein schöner Abend daraus wird, liegt sicher zum großen Teil an Emmerich Kálmáns scheinbar unerschöpflichem Einfallsreichtum, den seine Csárdásfürstin auszeichnet. Scheinbar ganz in der Johann-Strauß-Nachfolge liegend, spürt man doch immer Kálmáns eigene Handschrift, die über Strauß hinaus reicht. Und so ist jede neue Melodie wieder ein neues Erlebnis. Das überträgt sich auf die Zuhörer, denen viele Stücke sicherlich im Gedächtnis sind, ohne dass sie mit Kálmán in Verbindung gebracht werden. Wer kennt nicht „Machen wir’s den Schwalben nach“ oder „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“?

Wenn dann noch ein operettenversierter Regisseur wie Werner Schneyder dazu kommt, der seine Figuren wohl zu bewegen weiß und immer wieder wunderschöne, kleine komische Miniaturszenen kreiert, dann reißt das Geschehen einfach mit. Und ganz zart spielt dann auch noch die Zeitgeschichte herein. Der Offizier Rhonsdorff (Gregor Nöllen) winkt ganz am Ende allen zu – ein Abschied für immer, denn die österreichisch-ungarische Monarchie und ihre Gesellschaft ist dem Untergang geweiht, der Erste Weltkrieg naht.

Dirigent Enrico Calesso tanzt mit dem Philharmonischen Orchester Erfurt voller Walzerseligkeit, spürt das Liebesleid, führt zum Happy End, während das Ensemble mit viel Spielfreude agiert: Ilia Papandreou als temperamentvolle Titelheldin, Erik Fenton als ihr Liebhaber Edwin mit der rechten Portion Operettenschmelz in der Stimme und Jörg Rathmann als echter Schlawiner namens Graf Boni. Komisch-snobistisch kommt das alte Fürstenpaar (Reinhard Friedrich und Rosemarie Deibel) daher. Stimmlich aufhorchen lässt vor allem Uwe Schenker-Primus als Feri mit seinem kraftvollen Bariton, während Christa Maria Dalbys Stimme eher noch am Anfang ihre Entwicklung ist. In der Rolle der Komtesse Anastasia kam sie nicht immer über das Orchester hinweg.

Das Publikum im wie gewohnt fast ganz gefüllten Erfurter Theater ließ sich vorbehaltlos mitnehmen in die alte Zeit, die nicht immer eine gute war!

Thomas Hilgemeier

 










 
Fotos: Lutz Edelhoff