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Fakten zur Aufführung 

NABUCCO
(Giuseppe Verdi)
27. Januar 2009 (Premiere)

Nationale Reisopera
Muziekkwartier Enschede


Points of Honor                      

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Ewige Wert

Elena Pankratova demonstriert mit einer schier unerschöpflichen Stimme total vereinnahmenden Opern-Gesang: Ihre Abigaille fasziniert in aggressiven, mitleidlos-kalten Attitüden, lässt Zweifel anklingen und vermittelt das endliche Ergeben in die ewigen Werte mit emotionaler Stimm-Kultur; eine Sängerin mit exzeptioneller Ausdruckskraft. Anooshah Golesorkhi spielt und singt einen zerrissen-gewandelten Nabucco mit abrupten Wechseln, realisiert diese spirituellen Vorgänge mit ungemein wandlungsfähigem Bass – triumphierend in der selbstbewusst-hypertrophen Attitüde, leidend-gebrochen als gestürzter „Gott“, intensiv-ergeben als geläuterter Despot - permanent authentisch artikulierend, in allen Lagen stimmlich kontrolliert, mit überwältigender Kraft und bewundernswerter Variabilität. Harry Peters verleiht dem Zaccaria den unzerstörbaren Glauben an seinen Gott, gibt dieser spirituell gesicherten Figur sonoren Klang, überzeugt mit bruchloser Bass-Präsenz! Philip O’Brien gibt einen leidenschaftlich-emotionalen Ismaele mit agiler tenoraler Strahlkraft. Hilke Andersen verleiht der liebend-ambivalenten Fenena prägnant-ausdrucksvolle Stimme. Mit Grzegorz Stachowiak als Sacerdote, Brad Cooper als Abdallo und Claudia Patacca als Anna sind die „kleinen“ Rollen mit beachtenswerten Stimmen besetzt.
Het Gelders Orkest interpretiert den frühen exaltierten Verdi-Klang mit kollektiver Disziplin, William Lacey leitet zu kontrolliertem Zusammenspiel, setzt auf ansatzlose Einsätze und kommuniziert sensibel mit dem Bühnengeschehen.
Anthony Bakers atmosphärisch dichte Bühnen-Architektur vermittelt den nachhaltigen Eindruck einer hermetischen spirituellen Welt, fokussiert auf Bücher-Symbole, schafft Räume für archetypische Konstellationen.
Tim Alberys Inszenierung – bestimmt durch den Fokus auf untergehende Gesellschaften – akzentuiert die Kontroverse zwischen imperialen Machtansprüchen und spirituell sicheren Wertevorstellungen. Die Verweise auf pseudo-aktualisierende Konkretisierungen – SA-braune Uniformen, Mao-Details – verleiten allerdings zu historisch irrelevanten Assoziationen.
Doch verbleibt über die eindrucksvoll präsentierte Figur des tiefgläubigen Zaccaria der nachhaltige Eindruck der Utopie ewig wirkender Werte. Eine Bibliothek wird verwüstet, aber die Bücher werden nicht verbrannt, sie bleiben als weiterzugebendes Erbe erhalten.
Das ungemein aufmerksame Publikum im großen Saal des neuen Muziekkwartiers in Enschede folgt dem reflektierten Geschehen sehr konzentriert, ist hingerissen vom dramatischen Gesang und feiert die Akteure mit begeistertem Applaus. (frs)

 








 
Fotos: Marco Borggreve