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AUSWEGLOSE HOFFNUNGSLOSIGKEITEN
Peter Konwitschny inszeniert nicht
zum ersten Mal für die vivide Nationale Reisopera der Niederlande: zuletzt
La Bohème, jetzt Eugen Onegin. Und er machte aus Tschaikowskys
"Lyrischen Szenen" Puschkins Drama der ausweglosen Hoffnungslosikgkeiten
- allerdings mit postmoderner Ironie und genialen theatralen Mitteln.
Wann hat man je einen so fesselnden "Onegin" gesehen!
Johannes Leiackers Bühne zeigt Bilder namenloser Einsamkeiten, mit höchster
immanenter Spannung, wie man es aus Begmann-Filmen kennt. Tatjana entwickelt
aus einem Bücherrondell ihre diffizilen Beziehungen nach außen, schützt
ihre Werte vor der realen Bedrohung. Der Inszenierung geht es nicht um
die "Lyrik", nicht um romantische Sentimentalitäten - es geht um Metaphern
postmoderner Befindlichken.
Dieses hochreflektierte Konzept lebt in jedem Moment auf der Bühne: Das
Ensemble nutzt die Einheit von Zeit und Raum zu sensiblem Spiel und Gesang:
die Ruhe und das Vertrauen des Fürsten Gremin verkörpert Zelotes Edmund
Toliver voll resignativer Kraft; Jean-Luc Chaignaud ist ein illusionsloser
Onegin, stimmlich bravourös; Daniel Kirchs Tenor als Lenski merkt man
die Anstrengungen zu sehr an - doch Sienad Mulhern ist eine suchende,
zum Scheitern verurteilte Tatjana mit einem biegsam-weichen, Dramatik
nicht meidenden Sopran!
Lawrence Renes animiert Het Gelders Orkest zu packenden Klängen, weit
weg vom häufig gepflegten Konversations-Stil des missverstandenen Tschaikowskij.
Das Enscheder Publikum honorierte dieses außergewöhnliche Opernereignis
mit standing ovations und anhaltendem Applaus! (frs)
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