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Fakten zur Aufführung 

DER ROSENKAVALIER
(Richard Strauss)
6. Oktober 2007 (Premiere)

Theater Eisenach


Points of Honor                      

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Abschiedsschmerz

25 Minuten standing ovations nach der ersten Premiere in der letzten Spielzeit des Landestheaters Eisenach (das ab 2008 in der Kulturstiftung Meiningen übergeht, und dem vor Ort nur noch ein Kammerorchester verbleibt). Jochen Biganzolis ungewöhnlich abwechslungsreich nachdenkenswerte Inszenierung kann durchaus als Trost für Mitarbeiter und Publikum verstanden werden: Da verabschiedet sich die Marschallin mit einem grandiosen Akt der Entsagung; da gehen Sophie und Octavian in eine unsichere Zukunft; und der impertinente Ochs wird in die Puszta geschickt.

Andreas Wilkens baut für den ersten Akt eine Art Schutzraum für die Marschallin, für den zweiten einen Faninal-Festsaal und spielt im dritten mit einer Bühnenkonstruktion auf der Bühne. Jochen Biganzolis Regie hält sich an die – versteckten – Abgründe in der Strauss-Musik, zeigt die Marschallin als unterdrückte Frau, den Ochs als ungehobelten Mitgift-Jäger, Faninal als Waffenhändler mit der verhökerten Sophie – Octavians Rolle bleibt da im Zufälligen der zerrütteten Verhältnisse. Publikum auf der Bühne bei der verunglückten Rosen-Übergabe, eine Maskerade im Volkstheater-Stil als Beisel-Szene: Es gibt viel Abwechslung und Gelegenheit zur Rührung und zum Lachen. Die phantasievoll aktuell verfremdeten Kostüme von Heike Neugebauer unterstreichen die dekadenten Ursachen menschlicher Zerstörung.

Die Landeskapelle Eisenach ist hellwach, jedes Instrument in höchster Konzentration. So gelingt unter dem sensiblen Tetsuro Ban ein Strauss-Klang ohne süßlichen Schwulst, dafür mit viel Verständnis für erschreckende Brüche und knalligem Humor -- und das alles in perfekter Übereinstimmung mit dem Bühnenhandeln und in sensibler Balance mit den Sängern.

Dario Süß ist als plump-vertraulicher Ochs ein Erzkomödiant, dem aber bei seiner Art des stoßweisen Singens ein wenig mehr stimmliche Brillanz zu wünschen ist. Maria Gessler gibt der Marschallin den bewegenden Duktus der verletzten Frau, ist vor allem in den entsagungsvollen Passagen von beseelter stimmlicher Präsenz – flexibel-weich in der Mittellage, klangschön in den sicheren Höhen. Miriam Sajonz gelingt der Octavian als Frau, die einen Mann spielt, der eine Frau spielt mit sichtbarer Lust am Verwandeln – dazu ist sie stimmlich locker drauf, die geforderten renitenten Höhen gelingen ihr ebenso wie die elegisch getragenen Klänge. Krista Kujalas Sophie beeindruckt als selbstbewusstes girl mit einer Stimme, die sowohl im Forte als auch in den lyrischen Momenten große Geschmeidigkeit beweist. Enrico Lees Sänger verstrahlt tenoralen Glanz. Das Ensemble des Landestheaters Eisenach – Roland Hartmann als Faninal, Hyuna Ko als Leitmetzerin, Monika Dehler als Annina und alle anderen – vermitteln kultivierten Opern-Gesang auf hohem Niveau.

Ein Jammer, dass dieses wunderbare Musik-Theater durch eine bornierte Thüringer Landespolitik und offenbar ignorante Eisenacher Kommunalverantwortliche zum Verstummen gebracht wird. Bleibt der Appell: Im Eisenacher Theater wird noch bis zum Juni 2008 authentisch-attraktive Oper gegeben – nichts wie hin! (frs)