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Fakten zur Aufführung 

MARGARETHE
(Charles Gounod)
8. März 2008 (Premiere)

Landestheater Eisenach


Points of Honor                      

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Ende eines Alptraums

Mephisto als Klempner, Mephisto als Clown, Mephisto als Verführer, Mephisto als Auslöser des immanenten Bösen. Mephisto, angesetzt auf Fausts bedenkenlosen Jugendwahn und auf Margarethes naive Unschuld. Faust im Sterbezimmer, Faust auf dem Hedonismus-Trip, Faust schuldbewusst, Faust ist tot.

Jochen Biganzoli stellt Margarethes Liebe, ihre Verzweiflung, ihr hilfloses Leid in den Mittelpunkt – greift aber mit dem Ersticken ihres Kindes und dem Selbstmord durch Mund-Schuss zu zweifelhaften Mitteln. Auch „theologisch“ will das alles nicht zur himmlischen Erlösung passen; es sei denn, alle Ereignisse sind Alpträume in Fausts Todeskampf.

Stefan Morgenstern baut eine phantasievolle Drehbühne mit verbundenen Handlungsräumen, wechselnd zwischen realistischem Ambiente und phantasmagorischen Bildern – darüber religiöse Motive, mit bunten Lichterketten wie bei den Oster-Festas auf Malta; nachvollziehbare Bilder eines tödlichen Alptraums.

Tetsuro Ban geht mit der Landeskapelle Eisenach äußerst behutsam zu Werke, sediert die Emotionalität der so vielfältigen Musik Gounods, findet erst im Finale zu berauschender Klangfülle.

Roland Hartmann gibt dem zerstörerischen Mephisto martialische Statur, verleiht ihm kraftvoll-kernige Stimme. Enrico Lee charakterisiert den willensschwachen Faust durch variable Phrasierung mit bewegenden Zwischentönen. Johannes Weinhuber beeindruckt mit klangschönen Valentin-Arien und Krista Kujala gibt eine anrührend heftig liebende Siebel; Monika Dehlers Marthe ist stimmlich treffend gestaltet. Hyuna Ko spielt und singt eine zerstörte Margarethe, weckt Mit-Leiden und verfügt über eine Stimme, die in pointierten Höhen und vitaler mezza voce existenzielle Gefühle authentisch vermittelt.

Im bereits reduzierten Eisenacher Theater – der Chor ist bereits „weggespart“ – gibt es keine rückkehrenden Soldaten, keine orgiastische Walpurgis-Nacht. Stefan Bausch hat das komplexe Werk konsequent dramaturgisch bearbeitet – es entsteht ein in sich schlüssiges Kammerspiel mit den Mitteln der Großen Oper.

Dem Eisenacher Publikum ist der Abschieds-Schmerz von ihrem Theater anzumerken – schließlich ist dies die letzte Opern-Premiere nach fast 130 Jahren. Aber spürbar ist auch – nach einigen Irritationen durch die so gar nicht „goethesche“ Version – der Respekt vor den Eisenacher Theatermachern. Langanhaltender Beifall und stehender Applaus am Schluss -- und danach berührender Abschieds-Schmerz. Es ist, als ob die thüringische Landespolitik und die Eisenacher Verantwortlichen der Stadt ihr kulturelles Herz genommen haben. (frs)