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Fakten zur Aufführung 

THYESTE
(Jan van Vlijmen)
25. Oktober 2005
(Premiere: 27.9.05)

Nationale Reisopera/
Oper de Muut Brüssel
(Stadtsschouwburg Eindhoven)

Points of Honor                      

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Bedrängender Mythos

Atreus tötet die Kinder seines Bruders Thyestes, setzt sie im rituellen Racheakt als Speise vor, handelt in Fortsetzung des Götterfluchs über den Vater Tantalus. Jan van Vlijmen hat diesen archaisch-mythologischen Ansatz mit dem konkret-kommentierenden Text von Hugo Claus musikalisch intensiv umgesetzt. In der posthum realisierten Uraufführung des 2004 verstorbenen Mentors modernen Musiktheaters in den Niederlanden beweisen die Nationale Reisopera und De Munt Brüssel den bezwingenden Konsens von archaischem Mythos und Vlijmens nachdenklich-punktierender Musik. Das kundige Amsterdamer Asko Ensemble entwickelt unter dem hoch flexiblen Stefan Asbury einen emotional nachhaltigen Klangkosmos, der vor allem bestimmt ist durch kontrapunktierendes Percussion und quasi motivsetzende Bläser, Blech und Winds.

Dabei bestimmt vor allem die Integration mit den dramatisch-deklamierenden Gesangs-Solisten den komplexen Eindruck auf die Emotionen des Auditoriums.

Die Cappella Amsterdam zieht wie der griechische Chor die Kommentare aus dem archaisch-mythischen Geschehen, beklagt vor allem die Ferne der Götter.

Dale Duesings leidvolles Lamento – ungemein eindringlich phrasiert – dokumentiert das Leid des verdammten Menschen wie der kollektiv-klagende Chor, verzweifelt an der Ignoranz der Götter.

John Daszaks Atreus wirkt auch in allzu textlastigen Passagen ambivalent emotionalisiert, beherrscht die Stimme auch in extremen Lagen. Harry Peeters beeindruckt als fatalistisch-zerstörter Tantalus und die glühende Stimme Helena Raskers setzt dramatisch-verstärkende Akzente als „Furie“.

Dies alles geschieht – inszenatorisch spannend reduziert – auf einer klappbaren Spielfläche in einem imaginierenden Lamellen-Rundhorizont von Paul Gallis.

Gerardjan Rijnders führt eine ebenso reduzierte Personenregie, setzt auf die unabweisbare Wirkung der archaischen Mythologie und die emotionalisierenden Klangwelten Vlijmens.

In der ansonsten bei avantgardistischen Werken eher zurückhaltenden Stadsschouwburg in Eindhoven ist das Haus sehr gut besetzt – und das aufmerksame Publikum folgt geradezu atemlos, gepackt von den ewig-gültigen Menschheits-Botschaften der griechischen Mythologie. Vlijmens Oper verdient weitere Produktionen. (frs)