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FAMILIEN - "BANDE"
Mit einer bemerkenswerten "Walküre"
gelangte das Edinburgh Festival zu einem seiner vielen Highlights. Abseits
aller Mythologie inszenierte Tim Albery eine an Ayckbournes bitterböse
Stücke erinnerndes Familiendrama. Höhepunkte: der Auftritt der Walküren
als hemmungslos-verspielte Girlie-Group und der tiefberührende Abschied
Wotans von seiner geliebten Brünnhilde.
Ein recht junges Ensemble beeindruckte mit bewegendem, typenschaffendem
Spiel und unbefangenem Gesang auf hohem Niveau. Mit Jan Kyhle (Malmö)
und Ursula Füri-Bernhard (Bern) präsentiere sich ein hochemotionales Paar
Siegmund-Sieglinde; Anne Mason gab die verbitterte Ehefrau und Matthew
Best war als Wotan der gescheiterte "Pate" des Clans; stimmlich alle überzeugend.
Elizabeth Byrne war erst ein paar Tage zuvor für Kathleen Broderick eingesprungen
(es ist nicht klar, ob sie tatsächlich wegen Laryngitis ausfiel oder die
Festivalleitung sich wegen divenhaften Verhaltens von ihr getrennt hatte);
sie war am Schluss sicherlich erleichtert, die enorme Rolle mit Bravour
bewältigt zu haben! Nicht zu vergessen Carsten Stabell, der eine hinreißende
Studie Hundings als Kleinbürger-Patriarch ablieferte.
Das Orchester der Scottish Opera wurde von Richard Armstrong mit Elan
und Sensibilität für die Zwischentöne ohne Pathos durch die Klippen, Untiefen
und offene See der Partitur geleitet.
Schade, dass am Schluss die Feuerlohe mit einem mickerigen Gasflämmchen-Ring
ein wenig dürftig ausfiel, aber Hildegard Bechtlers Bühne bevorzugte ohnehin
die begrenzte Ästhetik der eher kargen family homes.
So feierte ein enthusiasmiertes Publikum Sänger, Orchester und Team -
und wartet gespannt auf die Fortsetzung Anno 2002; schließlich mit dem
Zauberer Loge als Wächter am Feuer der ideale cliffhanger!
NACHWORT
Atmosphärisch einnehmend: in der langen Pause nach dem zweiten Akt gibt's
ein "Picknick" aus vorbereiteten Plastikschachteln auf der Treppenlandschaft
des ehemaligen Empire Theatres - Glyndebourne auf Edinburgh Fesitval-Art!
Und erwähnt werden müssen noch die englischen Übertitel: das sind prosaische
Inhaltsangaben, aber wohl nicht ohne Absicht focussiert auf aktuelles
Verständnis der zwischenmenschlichen Abläufe ohne Wagners mythische Überhöhungen.
(frs)
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