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Fakten zur Aufführung 

PORO
(George Frideric Handel)
20. August 2003

Edinburgh International Festival

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Bühne

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Publikum

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Streng und pur

Es ist ein Event der totalen Seriosität: streng und pur sind dreieinhalb Stunden Händel auszusitzen - vor schwarzem Vorhang, ohne jegliche Effekte. Allein Emmanuelle Haims tiefes Rückendekollete im eng taillierten schwarzen Spitzenkleid macht da optisch Furore. Sie dirigiert ausgesprochen umsichtig, ermuntert Musiker und Sänger, hat aber wenig Sinn für wechselnde Tempi, was auf die Dauer den Eindruck von Monotonie nicht vermeiden lässt. Das Scottish Chamber Orchestra besticht durch konzentrierte Ernsthaftigkeit, glänzend Flöten, Violinen- und Trompetensoli zum Teil im Duett mit den Sängern.

Die Rollen aus Metastasios "Alexander in Indien" wirken in ihrer gesanglichen Interpretation fast wie allegorische Figuren: Alessandro als die moralische Beständigkeit, von Toby Spence tapfer durchgestanden, aber ohne Faszinosum. Die indische Königin Cleofide als die liebende Wehmut, von Sarah Fox fast flehentlich vorgetragen, mit weitschwingendem melancholischem Bogen. Timagene, Alexanders General, als die Macht, haudegenhaft präsentiert von Tim Mirfin. Erissena, Poros Schwester, als die Hoffnung, von Christine Rice bravourös und ungemein anrührend gesungen. Gadarte, Poros Getreuer, als die List, vom Sopranisten Robin Tyson sehr spitz und ohne feste Grundierung eher fizzy abgeliefert. Schließlich Poro, der indische König, als eifersüchtige Konstante im "Sturm" der Ereignisse: Jane Irwin verlässt sich nicht auf die Orchester-Vorgaben, ist flexibel, vermittelt Emotionen und zeigt ihre große Klasse als alle Modulationen beherrschender Mezzo!

Man erinnert sich allerdings mit nachträglicher Emphase an die Purcell-Versionen des Balthasar-Neumann-Ensembles und -Chors während der RuhrTriennale: mit authentischen Zwischentexten, sparsamem Agieren und signifikanten Bildsymbolen lassen sich Gefühle sensibilisieren, wird das Mysterium der Barockopern Wirklichkeit, zu Zeiten unaussprechbarer Dissonanzen und Ambivalenzen ist das emotionale Singen mehr als die Fortsetzung von Sprache mit anderen Mitteln!

In den Pausen argumentieren Händelexperten anhand von Quellenmaterial das Händel-Werk; mitten zwischen einem Gelegenheitspublikum, wie direkt von der Straße. Die Szenerie hat etwas Anarchisches. Gerüche wie in der überfüllten U-Bahn, fish and chips und Sandwiches von den gegenüberliegenden take-away-bars, ein Durcheinander aller Kultursprachen dieser Erde. Solche Resonanzen sind die Zukunft der Oper. (frs)