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Petra Lang
Trotz fehlender Inszenierung und Gesang vom Pult vermögen die Sänger ein
existentiell kontroverses Drama zweier Kulturen zu vermitteln. Petra Lang
singt als Ortrud das Aufbäumen einer Verratenen mit strahlender Kraft
und stupendem Ausdruck (sie ist wohl die vollkommenste Mezzo-Virtuosin
unserer Zeit); Hillervi Martinpelto hat mit ihrer hellen Stimme eine enorme
Durchsetzungskraft und lässt Elsa keine Spur von Wehleidigkeit vermitteln;
Jukka Raisilainen steigert sich als Telramund im zweiten Akt in einen
Rausch des "letzten Kampfes"; der Heerrufer James Rutherfords bleibt blass;
Eric Halfvarsons Heinrich beeindruckt durch eindimensionale Stentorstimme
und Torsten Keil ist als Lohnengrin ein Ausfall - offenbar indisponiert
fehlt ihm jede Kraft, versagen ihm die Höhen, wird die Gralserzählung
zum Desaster; offenbar sind ihm die Klang-Gewalten des 170köpfigen Chors
und des vollbesetzten BBC Scottish Radio Symphony Orchestras eine physische
Qual.
Donald Runnicles setzt mit dem angeheizten Orchester auf Intensität mittels
Dynamik, gewinnt damit in der Ouvertüre eindrucksvolle Aussagekraft, verliert
aber danach mehr und mehr die Kontrolle über das wie wild aufspielende
Orchester; vor allem das Blech ist in seiner Demonstration hemmungsloser
Lautstärke nicht zu bremsen. Ebenso der vereinte Festival Chorus und Philharmonie
Chorus: gelingen zu Anfang noch gefühlvolle, ja geheimnisvolle Passagen,
so ist der Klang im dritten Akt völlig von der Rolle; die geleisteten
Dezibel sind sicherlich rekordverdächtig!
Erstaunlich, wie gebannt ein bunt gemischtes Publikum in der traditionsgeladenen
Usher Hall diesem Furor permanenter Höchstleistung folgte. Da sieht man
neben wenigen Smokingträgern den Fringetypen im Adidas-Outfit, neben Wagner-Verehrern
die Alternativen aus der avancierten Popszene und neben den asketischen
Kennern die an der Wasserflasche nuckelnden Spontan-Zuhörer. Wer will
da rechten?! Vielmehr: ein Erfolg des Festivals, das neue Besucher gewinnt!
(frs) |
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