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Tschechow very British
Von 1967 stammt William Waltons "extravaganza" nach Tschechows wohl einziger
Humoreske über das russische Landleben - und der Einfluss Brittens mit
Anklängen an Volksmusik, verschiedene Musiktheater-Traditionen und eklektische
Verweise auf die zeitgenössische Moderne bleibt deutlich. Was damals mit
den effektvollen Wechseln von stark rhythmisierten Elementen, melodiösen
Passagen und eruptiven Intermezzi Erfolg hatte, verfehlt auch heute weine
Wirkung nicht - zumal das 16-köpfige Orchester der Edinburgher "Off-Operas"
unter Oliver Gooch diese Effekte engagiert auskostet!
Diesem eher britischen musikalischen Duktus entspricht das Agieren und
Singen der drei jungen talentierten Akteure: Andy Pugsley gibt den Diener
Luka mit Aplomb; Helen Bruce geht in der Popova-Rolle auf, entzückt durch
zickige Witwenattitüden und lässt mit ausgewogenem technischen Können
und variabel-kraftvoller Artikulation aufhorchen; Henry Deacons Smirnov
gerät stimmlich glänzend, gibt - ob seiner Jungend verständlich - eher
einen verspielten als einen altersstarrsinnigen "Bären": eher so als handele
es sich um eine der britischen Episoden aus dem aristokratischen Landleben
des 19. Jahrhunderts als um eine Inkarnation der "russischen Seele"!
Auf der winzigen Spielfläche vor steil ansteigender Tribüne genügen ein
stilisierter Türrahmen und ein Schreibtisch als Requisiten (John O'Connors
auf den Punkt gebrachte "Bühne"), um Freddi Wake-Walkers Regie Raum für
sparsam-akzentuierende Bewegungsabläufe zu geben. Das ist schon gekonnt!
150 begeisterte Zuschauer goutieren die lebhafte Konversationspiece mit
intensivem Interesse, sparen am Ende nicht mit Beifall! Oper hat auch
im Fringe-Festival seine Erfolge. (frs) |
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