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Fakten zur Aufführung 

OPER AUF DEM LANDE
(31. Juli 2010)

Gutspark Eckerde


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Ein Garten voller Sommernachtsträume

Das Projekt Oper auf dem Lande ist im Jahr 2008 geboren worden. Die Hausherren des Ritterguts Eckerde bei Hannover wollten ihr wunderschönes Anwesen aus Herrenhaus und Parkanlage für einen anderen Zweck nutzbar und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen als nur für gelegentliche Führungen. Der Kontakt zu Hannovers früherem Opernintendanten Hans-Peter Lehmann bestand, und so ist die Idee entstanden. Das Projekt hat in mehrfacher Hinsicht vorbildlichen Charakter. Die Stiftung Edelhof Ricklingen aus Hannover verbindet in ihrer Arbeit die Förderung sozialer Projekte mit einer heutigen Form des klassischen Mäzenatentums, organisiert und fördert die Oper auf dem Lande maßgeblich. Künstlerische Verantwortung tragen mit Charlotte Lehmann und Carol Richardson-Smith zwei der strahlkräftigsten Professorinnen für Gesang der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Das Grundkonzept geht auf Ideen Hans-Peter Lehmanns zurück, der sich vor allem für die Sache stark gemacht hat, um jungen Sängern, die an der Schwelle zwischen Abschluss des Studiums und Beginn des Berufslebens stehen, eine Auftrittsmöglichkeit zu geben.

In betont zwangloser Atmosphäre trifft sich das Publikum im Garten des Guts Eckerde, um dort an verschiedenen Plätzen der Aufführung zu lauschen. Bewusst werden keine vollständigen Opern aufgeführt, sondern ein Programm, das vor allem Lust auf mehr machen soll. In diesem Jahr stand das Motto „Ein Sommernachtstraum in Windsor“ über der Veranstaltung. Im ersten Teil inszenierte die Schauspielerin und Regisseurin Vroni Kiefer, von Beginn an bei der Oper auf dem Lande dabei, ein Stück, das die Entstehung des Sommernachtstraums in den Gedanken Shakespeares zeigt. Sie selbst als Puck und Hans-Peter Lehmann als Shakespeare führten als Quasi-Moderatoren charmant durch diesen Teil, der musikalisch Szenen aus Purcells Fairy Queen und den Sommernachtstraum-Vertonungen Felix Mendelssohns und Benjamin Brittens präsentierte. Im Anschluss daran gab es an einer der verwunschensten Stellen des Gutsparks, einer kleinen, vom Burggraben umschlossenen Insel, Vertonungen von Shakespeare-Sonetten zu hören: Purcell, Haydn und Schubert. Im zweiten Teil schließlich brachten die jungen Sängerinnen und Sänger eine von Hans-Peter Lehmann inszenierte komprimierte Fassung von Otto Nicolais Lustigen Weibern von Windsor zur Aufführung.

Vroni Kiefer und Hans-Peter Lehmann setzen das nicht nur liebevoll in Szene, sie verstehen es vor allem, die Gegebenheiten im Gutspark bestens in Spiel und Szene zu integrieren – und werden dabei noch besonders von den phantasievollen Kostüm- und Maskenbildnerinnen Irmgard Gums und Christine Niederstrasser unterstützt.

Akustisch erweist sich vor allem der Platz vor dem Haupteingang des Herrenhauses als Glücksfall für Sänger und Musiker. Aus der Schar junger Sänger ragen Daniela Gerstenmeyer als Anna Reich und Julia Halfa als Frau Reich heraus, die diese Akustik nutzen und nicht nur klangschönen und ausgewogenen, sondern auch beinahe lupenrein textverständlichen Gesang liefern. Da steckt großes sängerisches Potential dahinter, genauso wie bei Anna Evans, die mit Joseph Haydns Vertonung von She never told her love für sich einnahm. Die Herren um die Baritone Dietmar Sander und Daniel Dropulja und die Tenöre Bartok Borula und Rafael Rybandt hatten da insgesamt weniger Gelegenheit, sich zu profilieren. Als „alter Hase“ verstärkte Heinz Maraun, langjähriges Mitglied im Staatsopernchor Hannover, das Ensemble und zeigte in der Rolle des dicken Sir John Falstaff, was für ein Theater-Urgestein er ist.

So geriet die sängerische Seite insgesamt durchaus zum Beweis dafür, dass der Sängernachwuchs an der hannoverschen Hochschule in guten Händen ist. Für eine ebenso kompetente wie schwungvolle Begleitung sorgte Dirigent Matthias Wegele, der sämtliche Musik für ein Kammerensemble aus 12 Instrumenten arrangiert hat.

Die wesentliche Aufgabe der Oper auf dem Lande ist damit bestens erfüllt – die Förderung des sängerischen Nachwuchses durch erfahrene Hände, die zu motivieren und zu inspirieren wissen. Die Kunstform Oper steht dabei selbst weniger im Mittelpunkt als ihre Vermittlung, und genau das führt hier dazu, dass das Publikum bis zum Schluss in Bann gezogen bleibt.

Christian Schütte