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Drei Wahrheiten
"Es gibt drei Wahrheiten, deine Wahrheit, meine Wahrheit und Die Wahrheit."
So die Schlusssentenz von "Tierno Bokar", in Szene gesetzt von Peter Brooks
anlässlich der RuhrTriennale 2004. So schlicht, so wahr. Das gilt auch
für die Inszenierung, die offenkundig vor dem Problem stand, einen in
hohem Maße "untheatralischen" Text für die Theaterbühne umzusetzen. Das
ist nur bedingt gelungen.
So beeindruckend die Figur des Tierno Bokar, gleichsam ein afrikanischer
Nathan in aller Bescheidenheit und Demut, auch ist, so brilliant die langen
Textpassagen auf Französisch auch vorgetragen werden, es fehlte für ein
Theaterstück an der Handlung. Was auf der kargen Bühne, mit Strohmatten
und Baumstumpf ausgestattet, auch geschah, es wurde entweder durch einen
Erzähler berichtet oder in minimalen Gesten dargestellt, selten, ja gar
nicht gezeigt. Dies wirkte auf das Publikum leicht ermüdend. Als Zuschauer
sind wir ja zunächst Augenmenschen, auch wenn wir unseren Verstand gerne
anregen lassen.
Im Kern geht es in der Erzählung um einen religiösen Konflikt, der zunächst
als banal erscheint und dann riesenhafte Ausmaße annimmt. Sollen die Gebete
zwölf Mal oder elf Mal hintereinander durchgeführt werden. Darüber streiten
sich zunächst die Gläubigen. Dann gewinnt der Konflikt an Schärfe, als
sich die französische Kolonialmacht einmischt und Aufruhr wittert, den
es niederzuschlagen gilt. Am Ende bringt dieser nutzlose Streit den Tod
für die beiden Protagonisten, für den Dorfweisen Tierno Bokar und für
den geistlichen Führer Chérif Hamallah, die wir beide als gütig, verständig
und die Menschen liebend erfahren haben.
Toleranz ist die Botschaft des Stückes, das um Fragen von Spiritualität
und Gott im islamischen Raum angesiedelt ist. Die Kopflastigkeit der Inszenierung
wird ein wenig ausgeglichen durch die musikalischen Stimmungen, die auf
der Bühne von Toshi Tsuchitori und Antonin Stahly erzeugt wurden. (su) |
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