Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

NABUCCO
(Giuseppe Verdi)
9. November 2007 (Premiere)

Deutsche Oper am Rhein Duisburg


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Beziehungsdrama auf der Baustelle

Kampf gegen Tyrannentum, Pogrome gegen das jüdische Volk, Flüchtlingselend, Vertreibung, Verschleppung, Widerstand - in Verdis „Nabucco“ steckt ein gehöriges Potenzial politischer Sprengkraft. Und vielleicht hatte das Publikum bei der Premiere im Duisburger Opernhaus gerade am historisch so eindeutig definierten 9. November auch eine politische Deutung des Stückes erwartet.

Doch Regisseur Christopher Alden konzentrierte sich ganz auf die Hauptpersonen und ihre Beziehungen, verlegte die Handlung auf eine Baustelle. Dies gleich in doppelter Hinsicht: auf eine Baustelle der Gefühle. Und auf eine richtige mit Bulldozer, Schutzhelmen und riesigen Bauplänen für eine neue Siedlung. Und es ging um den Kampf über die oberste Bauaufsicht – quasi das Königtum. Das will Abigaille ihrem Vater, dem Assyrerkönig Nabucco eben streitig machen – vor allem weil sie gekränkt ist, da dieser ihre Schwester Fenela bevorzugt.

An diesem psychologischen Ansatz scheitert aber auch das Regiekonzept letztlich: Alden ergeht sich in kaum verständlichen Symbolen, die sich einfach nicht erschließen wollen, zudem lässt er die Akteure bei dieser doch eher von der Handlung lebenden Oper unendlich betulich agieren. Das mag Absicht sein, um den Fokus auf die mentale Interaktion zu lenken. Doch dieser Ansatz versagt vollends beim Chor, den Alden eher kommentierend wie in der griechischen Tragödie begreift und ihn deshalb anonymisiert. Das geht schief, weil gerade in Nabucco der Chor Handlungsträger von eminenter Bedeutung ist – und Verdi seine Figuren in dieser frühen Oper eher typisiert, weniger Charaktere schafft. Alden produziert unfreiwillig Slapstick-Elemente. Da ist der Prophet, der aus dem Kühlschrank stieg; da ist die dank einer ordentlichen Stange Dynamit saukomisch explodierende Abigaille. Alles in allem: ein Opernabend zwischen Bauzaun und Möbellager.

Nabucco mit Leben zu erfüllen, das gelingt weniger dem Regisseur als den Akteuren auf der Bühne: Titelheld war Boris Statsenko mit noblem Bariton. Therese Waldner verfügt über einen dramatischen Sopran, wie er für die Abigaille unabdingbar ist. Leider offenbart sie oft die Härten und Schärfen ihrer Stimme und bleibt ein eiskalter Engel. Rollengerecht weichzeichnend Laura Nykänen als Fenela, hart und fordernd Mikhail Kazakov als Zaccaria.

Hervorragend die Duisburger Philharmoniker unter John Fiore, die Verdi-Sound vom Feinsten produzierten. Schon gleich von der Ouvertüre an: was da an Farben aus dem Graben drang, war eine Offenbarung.

Am Ende Buh-Rufe für den Regisseur, die ebenso leidenschaftslos waren wie der Applaus. Duisburgs Premierenpublikum war ohnehin entweder genervt oder aber enttäuscht in die Opernpause gegangen. (cws)






Fotos: © Eduard Straub