|
LEERE BILDER
Im leeren Bild der Lulu zeigen sich
die ausbeutenden Männer, gespielt wird in einem subtil ausgeleuchteten
Arena-Kreis. Nikolaus Lehnhoff inszeniert eine Art Totentanz im beziehungsreich-abstrakten
Bühnenbild von Tobias Hoheisel, reduziert auf die Lulu mit den wechselnden,
sterbenden Männern - wobei der Dr. Schön auch Jack the Ripper ist. Das
Konzept verlangt genaues Hinschauen, spricht eher den Intellekt als den
"Bauch" an. Zusammen mit der analytisch-sezierenden Musik Alban Bergs
ergibt sich ein subtiles Geflecht intensiver Musiktheater-Rezeption.
Alexandra von der Weth ist eine Lulu mit mehr erotischer Ausstrahlung
als von Berg verlangt, als "Objekt der Begierde" aber im Lehnhoff-Konzept
äußerst glaubhaft; ihr ungemein einschmiegsamer Sopran erfüllt alle Anforderungen
der exaltierten Rolle und beeindruckt mit halsbrecherischen Koloraturen
in voller Klangschönheit. Das gesamte Ensemble der Rheinoper bewegt sich
auf hohem Niveau, lässt sich auf die Regie-Anweisungen ein und bewältigt
die komplexen Partien mit staunenswerter Präzision. Anja Silja debütiert
als Gräfin Geschwitz, stimmlich nicht mit voller Power, auch im Klang
ohne das berühmte Timbre - sie mag offenbar die dreiaktige Fassung nicht.
Und in der Tat: aus dem dritten Cerha-Akt lassen sich kaum Funken der
Spannung schlagen, das Geschehen zerfasert, lässt die Erschütterung nicht
aufkommen, die der von Berg hinterlassene Torso vermittelt.
Das Publikum ist immer noch irritiert von Bergs Klangkaskaden und deren
vielfältige Erscheinungsformen, ist befremdet über die Art des Gesangs
und spendet am Ende hochachtungsvollen Applaus. Zweifellos ein weiterer
Erfolg zu Beginn der Spielzeit 2000/2001. (frs)
|
|