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Fakten zur Aufführung 

LADY MACBETH VON MZENSK
(Dmitri Schostakowitsch)
21. Mai 2008
(Premiere: 18. Mai 2008)

Deutsche Oper am Rhein/
Theater Duisburg


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Eine liebende Mörderin

Zum Schluss ziehen die Gefangenen weiter und Katerina liegt mit gebrochenen Gliedmaßen in ihrer Zelle – kaum tot und schon vergessen. Ende eines Lebens, das bestimmt war von der Suche nach Liebe und einem Platz in der Gesellschaft. Und es ist das Bild einer harten Gesellschaft, das Dmitri Schostakowitsch in seinem grandiosen Meisterwerk „Lady Macbeth von Mzensk“ ausmalt – brutal und hierarchisch.

Und genauso realistisch stellt Regisseur und Ausstatter Dmitri Tcherniakov sie im Theater Duisburg dar: geknechtete Arbeiter, die am Abend nur in Wodka und derben, sexuellen Abenteuern Ausgleich finden; ein herrisch-brutaler Fabrikbesitzer, der seine Untergebenen quält - genauso wie seine Schwiegertochter. Tcherniakov findet klare, einfache Bilder für dieses Leben in den kahlen Lager- und Büroräumen einer Spedition. Deren Schlichtheit aber lässt die Verzweiflung, die unterdrückte Lebenslust und den unbändigen Hass umso intensiver deutlich werden. Jenes hoch explosive Gefühlsgemisch eben, das Katerina, als der Damm gebrochen ist, vor nichts zurückschrecken lässt, auch nicht vor Morden. Bis zum bitteren Ende merkt sie nicht, dass ihr Geliebter Sergej auch nur ein von der Gesellschaft gefühlskalt gemachtes Produkt ist – und nicht der Abgott, für den sie ihn hält.

Schön der Schluss, den Tcherniakov in einer engen Gefängniszelle spielen lässt. Hier muss Katerina mit ansehen, wie Sergej ihr untreu wird. In einer letzten Gefühlseruption erwürgt sie ihre Rivalin und wird von Wächtern zu Tode geprügelt.

Morenike Fadayomi lebt die Titelpartie: Von der teilnahmslosen, lebensmüden Frau zur liebenden Mörderin lässt sie keine Gefühlsfacette aus. Ihr satt grundierter Sopran, der mühelos in die höchsten Höhen steigt und dort zarteste Piani formt, bietet ihr fantastische Möglichkeiten zu einer fundierten Charakterstudie. Unglaublich intensiv ihr angstvolles Flüstern im Sprechgesang.

Diesem hohen Maß an Expressivität steht das übrige Ensemble nicht viel nach: John Uhlenhopp als rücksichtsloser Emporkömmling Sergej, Oleg Bryjak als brutaler, stimmgewaltiger Schwiegervater und Andrej Dunaev, der fein singende, zurückhaltende Ehemann Sinowij.

Auch die kleineren Rollen fallen demgegenüber keineswegs ab: Laura Nykänen als Sonjetka und Michael Milanov als markiger Pope stehen für eine absolut runde Ensembleleistung.

Und die Duisburger Philharmoniker und John Fiore machen Schostakowitsch alle Ehre: glasklare Durchhörbarkeit, knallige Härte und weiche Liebesszenen zeigen die ganze farbige Bandbreite der Partitur, genauso wie unablässig sich auftürmende Gefühlswelten. Bezwingende Ruhepunkte: die den einzelnen Szenen nach- bzw. vorgeschobenen Zwischenspiele von höchster Konzentration.

Das Publikum lauschte gebannt und feierte die Akteure. Ein Teil hastete allerdings sofort nach dem letzten Ton aus dem Theater.

Thomas Hilgemeier

 

 










Fotos: © Eduard Straub