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Wollt Ihr den totalen Alexander?
Heliogabal, die Geschichte vom Aufstieg und Fall des gleichnamigen römischen
Kindkaisers, ist ein durchaus theatertauglicher Stoff mit dramatischem
Potential. Ihr Platz in der Reihe der "RuhrTriennale-Kreationen" ist daher
grundsätzlich zu befürworten. Doch zeigten sich bei der Umsetzung dieses
Stoffes einige unübersehbare Schwächen.
Der Text von Thomas Jonigk hat an dramatischer Struktur nur sehr wenig
zu bieten. Dazu kommen abgegriffene Nazi-Parodien ("Wollt ihr den totalen
Alexander") und leider auch sprachliche Mängel ("Zu viel Glück ist nicht
gut"). Den Protagonisten Heliogabal bis auf die Schlussszene nur stumm
auftreten zu lassen, gehört da noch zu den überzeugenderen Einfällen.
Die Musik der Big-Band-Oper von Peter Vermeersch ist ein Mix verschiedener
Musikstile - eine Technik, die bei zeitgenössischen Kompositionen nur
allzu häufig angewandt wird. Vermeersch demonstriert diese Technik bei
weitem nicht in Vollendung, und doch hat seine Komposition auch sehr schöne
Momente zu bieten, so zum Beispiel der Anfangsmonolog der Maesa. Insgesamt
aber fehlt auch hier ein roter Faden.
Roy Faudree (Regie, Bühnenbild, Kostüme) konnte mit seiner Regie kaum
Akzente setzen. Das lag wohl unter anderem an dem zwar ästhetisch gelungenen,
zum Raum der Gebläsehalle hervorragend passenden, aber sehr ungeschickt
konzipierten Bühnenbild: eine schiefe Ebene, die allein zur Hälfte mit
Vermeerschs Big Band "Flat Earth Society" gefüllt war. Somit war nur noch
wenig Raum vorhanden für die Interaktion der Figuren - zu wenig, wie sich
im Verlauf der Aufführung zeigte. Die sicherlich nicht ganz einfache Einbeziehung
der Heliogabal-Rolle (Wim Opbrouck) hat Faudree zumindest phantasievoll
gelöst: der eigentlich 14-jährige Kaiser kommt knallblau gefärbt, wohlbeleibt
und keineswegs mehr ganz jung als eine Art undefinierbares Individuum
daher, abgehoben von der restlichen Masse.
Als Gesangspartien sind ausschließlich hohe Stimmlagen (Sopran und Alt)
vorgesehen, Bässe und Tenöre kommen nicht vor. Livia Budai (Julia Maesa),
Esmé Bos (Julia Soaemis), Sara de Bosschere (Julia Mamaea), Ursula Hesse
von den Steinen (Aquilia Severa, Virgo Maxima) und Laurence Janot (Cornelia
Paula) meistern ihre Partien einwandfrei, können aber aufgrund der kühlen
musikalischen Anlage der Arien keine großen Emotionen hervorrufen. Die
Band "Flat Earth Society" spielt unter der Leitung von Koen Kessels souverän.
Die Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord hat 478 Plätze, doch
selbst die waren bei weitem nicht voll besetzt - für eine Uraufführung
bei einem Festival dieser Kategorie eine enttäuschende Kulisse. Das Publikum
nahm die Darbietung mit höflichem Beifall hin, konnte sich aber zu deutlichen
Meinungsäußerungen nicht durchringen. (cd) |
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