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Fakten zur Aufführung 

HELIOGABAL
(Peter Vermeersch,
Thomas Jonigk)
8. Mai 2003 (Uraufführung)

RuhrTriennale
(Gebläsehalle, Duisburg)

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Wollt Ihr den totalen Alexander?

Heliogabal, die Geschichte vom Aufstieg und Fall des gleichnamigen römischen Kindkaisers, ist ein durchaus theatertauglicher Stoff mit dramatischem Potential. Ihr Platz in der Reihe der "RuhrTriennale-Kreationen" ist daher grundsätzlich zu befürworten. Doch zeigten sich bei der Umsetzung dieses Stoffes einige unübersehbare Schwächen.

Der Text von Thomas Jonigk hat an dramatischer Struktur nur sehr wenig zu bieten. Dazu kommen abgegriffene Nazi-Parodien ("Wollt ihr den totalen Alexander") und leider auch sprachliche Mängel ("Zu viel Glück ist nicht gut"). Den Protagonisten Heliogabal bis auf die Schlussszene nur stumm auftreten zu lassen, gehört da noch zu den überzeugenderen Einfällen.

Die Musik der Big-Band-Oper von Peter Vermeersch ist ein Mix verschiedener Musikstile - eine Technik, die bei zeitgenössischen Kompositionen nur allzu häufig angewandt wird. Vermeersch demonstriert diese Technik bei weitem nicht in Vollendung, und doch hat seine Komposition auch sehr schöne Momente zu bieten, so zum Beispiel der Anfangsmonolog der Maesa. Insgesamt aber fehlt auch hier ein roter Faden.

Roy Faudree (Regie, Bühnenbild, Kostüme) konnte mit seiner Regie kaum Akzente setzen. Das lag wohl unter anderem an dem zwar ästhetisch gelungenen, zum Raum der Gebläsehalle hervorragend passenden, aber sehr ungeschickt konzipierten Bühnenbild: eine schiefe Ebene, die allein zur Hälfte mit Vermeerschs Big Band "Flat Earth Society" gefüllt war. Somit war nur noch wenig Raum vorhanden für die Interaktion der Figuren - zu wenig, wie sich im Verlauf der Aufführung zeigte. Die sicherlich nicht ganz einfache Einbeziehung der Heliogabal-Rolle (Wim Opbrouck) hat Faudree zumindest phantasievoll gelöst: der eigentlich 14-jährige Kaiser kommt knallblau gefärbt, wohlbeleibt und keineswegs mehr ganz jung als eine Art undefinierbares Individuum daher, abgehoben von der restlichen Masse.

Als Gesangspartien sind ausschließlich hohe Stimmlagen (Sopran und Alt) vorgesehen, Bässe und Tenöre kommen nicht vor. Livia Budai (Julia Maesa), Esmé Bos (Julia Soaemis), Sara de Bosschere (Julia Mamaea), Ursula Hesse von den Steinen (Aquilia Severa, Virgo Maxima) und Laurence Janot (Cornelia Paula) meistern ihre Partien einwandfrei, können aber aufgrund der kühlen musikalischen Anlage der Arien keine großen Emotionen hervorrufen. Die Band "Flat Earth Society" spielt unter der Leitung von Koen Kessels souverän.

Die Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord hat 478 Plätze, doch selbst die waren bei weitem nicht voll besetzt - für eine Uraufführung bei einem Festival dieser Kategorie eine enttäuschende Kulisse. Das Publikum nahm die Darbietung mit höflichem Beifall hin, konnte sich aber zu deutlichen Meinungsäußerungen nicht durchringen. (cd)




Fotos: © Michael Kneffel, Marc Vanderslagmolen