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Moribund
Dietrich Hilsdorf in seinem Element: in Puccinis Trittico geht von der
stereotypen commedia dell'arte zum grand guignol - menschenverachtend,
bösartig, todessüchtig. Beginnend mit dem durchaus bedrohlich anwesenden
Donati im Gianni Schicchi, fortgesetzt mit der Zwangssituation der Nonnen
im Kloster-Gefängnis und endend mit dem Rachemord Micheles und Giorgettas
Todesschrei im Tabarro: Hilsdorf entwirft ein moribundes Bild zwanghaft
menschlichen Zusammenlebens - extrem belastend, faszinierend in hochexpressiven
Details, sehr dicht in den Verflechtungen der an unbegriffenen Zwängen
leidenden Personen.
Für alle drei Episoden hat Johannes Leiacker einen bunkerähnlichen hermetischen
Raum gebaut, der mit stimulierenden Elementen die Konstanz der Zwangssituationen
evoziert - und damit die intendierten Zusammenhänge räumlich-optisch,
hochaktivierend vermittelt.
John Fiore dirigiert die in entscheidenden Momenten top präsenten Düsseldorfer
Symphoniker mit bewundernswerter Intensität, allzeit im Bilde, Einsätze
impulsiv gebend, die einzelnen Musiker ständig im Blick. Es entsteht ein
differenzierter Klang, der alle Bemühungen Puccinis um aktuelle orchestrale
Effekte fulminant freisetzt.
Kongenial die Solisten: zunächst Alberto Rinaldi als aggressiv unmoralisch
schlauer Schicchi und Natliya Kavalova als brillante Lauretta, dann Reneé
Morloc als abgründige Fürstin in der Suor Angelica und als lebensfroh-bodenständige
Frugola, Taru Sippola als abgründig-quälende Äbtissin, schließlich die
mächtige Gordon Hawkins als wahnhaft rächender Michele sowie der itlianita-kompetente
Angelos Simos als Luigi und endlich die stimmlich grandiose Therese Waldner
als geopferte Angelica und Giorgetta mit frappierenden Ausbrüchen. Der
Chor (Gerhard Michalski) beeindruckt in der fulminanten Kloster-Szene,
das Ensemble überzeugt durch exzellente Einzelszenen.
Das übliche Düsseldorfer Premierenpublikum ist merkbar angetan, feiert
die Hauptrollen und das Orchester, ist sich beim Regieteam unschlüssig.
Offenbar erfüllt die hochreflektiert-zurückgenommene Szene nicht den Kick
des herbeigesehnten Skandals. (frs) |
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