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Fakten zur Aufführung 

RICHARD III
(Giorgio Battistelli)
23. januar 2007 (Premiere)

Deutsche Oper am Rhein
(RheinOperMobil Düsseldorf)

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

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Shakespeare polyphon

Hier lebt sie in seltener Intensität, die so oft vergeblich angestrebte Einheit von Musik, Gesang, Spiel, Bühne - und authentischem Raum. Die dem globe-theatre nachempfundene Ausweichspielstätte der Deutschen Oper am Rhein ist der optimale Ort für eine aktuelle Oper nach einem Shakespeare-Drama, mit einer renaissance-orientierten Musik und einer politisch-gesellschaftlich hochrelevanten Thematik.

Ian Burton hat in einem komprimierten Libretto das Drama auf die Mechanismen brutaler Machtusurpation fokussiert. Giorgio Battistelli kennt die Wirk-Weisen der Opern-Musik zu Zeiten Shakespeares – Monteverdis Kompositionsstrategien. Er nutzt die Fülle polyphoner Möglichkeiten, setzt auf die elementare Kraft der Schlagzeug-Gruppen und gibt den anderen Instrumenten Raum zu intensivierend-kommentierender Interpretation.

Radu Boruzescu bedeckt die Globe-Bühne mit blutrotem Sand, bezieht die rückwärtigen Ränge in den Spielraum, setzt konkrete Gegenstände (Spielzeuge!) als stellvertretende Elemente spielerisch-bedeutsam ein. Miruna Boruzescus Kostüme – Business-Anzüge, Bowler-hats – verweisen auf eine nicht-naturalistische Realität.

Robert Carsens Regie verzichtet stilsicher auf operntypische Effekte, lässt den Akteuren Gelegenheiten als politisch handelnde Archetypen zu agieren - zentriert auf den menschenverachtenden Richard, aber umgeben von system-angepassten Typen, wenn auch ohne die absolute Amoralität des wahnwitzigen Diktators.

Der souveräne Chor der Vlaamse Opera Antwerpen - dort fand 2005 die Uraufführung statt - vermittelt die bezwingende Atmosphäre einer hermetisch-grausamen Gesellschaft.

John Wegner ist mit brutal-differenzierten Gesten und einem ebenso eindringlich Unmenschlichkeit vermittelnden Bariton ein Richard höchster Intensität. Das hochkarätige Ensemble der Rheinoper engagiert sich in allen Rollen mit emotionaler Unbedingtheit: Dagmar Schellenberger als Lady Anne, Lisa Griffith als Elizabeth, Renee Morloc als York-Duchess, Günes Gürle als Buckingham, Bruce Rankin als Edward, Bruno Balmelli als Hastings, und alle anderen engagiert stimmlich in Übereinstimmung mit den hohen Anforderungen der komplexen kompositorischen Vorgaben.

Die Düsseldorfer Symphoniker zeigen sich unter dem engagiert-sensibel dirigierenden Wen-Pin Chien dem anspruchsvoll-differenzierten Vorgaben glanzvoll gewachsen - doch bleibt ein Eindruck permanenter Variationen des immergleichen Duktus’. Aber das ist kein interpretatorisches Dilemma, sondern das Problem der Battistelli-Komposition, die schon mit Beginn ihre Geheimnisse offengelegt hat und wenig Möglichkeiten neuer eruptiver Steigerungen bietet.

Im atmosphärisch bedrängenden Raum der RheinOperMobil ist sowohl das übliche Düsseldorfer Premierenpublikum versammelt als auch eine außergewöhnlich große Zahl professioneller Theater-Beobachter. Da ist mit überschäumenden Reaktionen nicht zu rechnen. Die weiteren Aufführungen verdienen ein volles Haus und ein unbefangen-neugieriges Publikum, das sich auf die existenzielle Botschaft mit Betroffenheit einlässt! (frs)


Foto: Eduard Straub