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Fakten zur Aufführung 

PIAF. KEINE TRÄNEN
(Juliane Kann)
7. Oktober 2009
(Uraufführung: 13. Dezember 2008)

Düsseldorfer Schauspielhaus


Points of Honor                      

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Mythos der Selbstbestimmung

Juliane Kanns Stück ist keine Gelegenheit zu Karaoke-Kunststücken. Es ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit der Wirkung eines Mythos auf Fans und Umwelt: Deutlich wird das Scheitern unbegriffener Ego-Stilisierung, der hypertrophe Bezug auf „Liebe“ als Lebenszweck, das instrumentalisiert-Werden und Instrumentalisieren von Menschen - und das „Nicht-Bereuen“ als zweifelhaftes Fazit einer egomanen Existenz.

Daniela Löffner inszeniert die Sicht auf einen „Mythos“ aus den wechselnden Perspektiven von Fans, Geliebten, funktional Beteiligten – benutzt verfremdende Mittel des Brecht-Theaters, schafft dramatische Wechsel von Nähe und Distanz.

Claudia Kalinskis Bühne – mit assoziationsreichen Details – ist schnörkellos offen bis zu den Brandmauern, zieht sich in den Zuschauerraum, provoziert immer wieder Bilder neben der am Mikro charismatischen Piaf - die Brüche werden deutlich verstehbar.

Henning Brand ist für die Musik zuständig: eingespielt wurden Akkordeon-Passagen, Orchester-Partien, kleine Besetzungen, auch skurrile Versatzstücke mit Marianne Rosenberg, Playback-Nummern, diskrete Andeutungen - aber eben nicht live auf der Bühne, sondern über Lautsprecher vermittelt!

Susanne Tremper spielt die naive Hemmungslosigkeit der Piaf und ihre leidenschaftliche Hingabe an das unreflektierte Singen über sich selbst – nebst dem Leiden an Untreue, Unfällen, Krankheiten – mit totaler Identifikationskraft, singt die großen Chansons mit durchaus eigener Intensität (zweifelnde Anmerkungen zu täuschendem Playback sind wohl unzutreffend).

Denis Geyersbach agiert als vielgestalter Fan; Nadine Geyersbach als stützende, korrigierende, verzweifelnde Gefährtin; Milian Zerzawy und Christoph Miller als Darsteller diverser Lebensabschnittsgefährten sind hoch präsente Akteure im Umfeld der Piaf – teils sich selbst verleugnend, teils am Ruhm partizipierend: auf alle Fälle emotional präsent - und stimmlich gut präpariert!

Das konzentriert mitgehende Publikum im Düsseldorfer Schauspiel verfolgt den Ablauf des kaputten Lebenswegs eines „Mythos“ über zwei Stunden lang mit gespannter Aufmerksamkeit, dankt mit lang anhaltendem herzlichen Applaus – und fühlt sich offenkundig nachdenkenswert unterhalten.

Franz R. Stuke