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Fakten zur Aufführung 

PELLEAS ET MELISANDE
(Claude Debussy)
12. September 2007
(Premiere: 8.9.07)

Deutsche Oper am Rhein
Opernhaus Düsseldorf

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Musik

Gesang

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Bühne

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Kommunikativer Autismus

Eine düstere, hermetische Welt – Melisande ist chancenlos verstrickt, der todkranke Vater bleibt als memento permanent präsent. Tomasz Konieczny ist der darstellerisch und sängerisch das symbolistische Drama beherrschende Golaud: Eine suggestive Stimme, changierend zwischen düsteren Tönen der Verlorenheit, stupendem Angriff in der Aggressivität, geradezu samtenen Piani im Leiden – dazu ein Darsteller mit sensibler Ausdruckskraft! Catrin Wyn-Davies verkörpert eine total „fremde“ Melisande, agiert traumatisch-verunsichert und singt mit differenzierender Phrasierung impressionistisch-spätromantische Töne voller emotionaler Intensität. Dmitri Vargin gelingt ein ambivalenter Pelleas, klar in der Intonation, dabei variabel in den Gefühlsambivalenzen. Mit Nadine Denize beeindruckt eine Genevieve mit gestandener power, und Malcom Smith gibt dem Arkel patriarchalische Statur. Lea Pasquel ist ein omnipräsenter Yniold, die Golaud-Szene besteht sie mit stimmlicher Bravour.

Intensiv-einfühlsam die Düsseldorfer Symphoniker unter Andreas Stoehr – nuancenreich die Streicher, präsent die Bläser, akzentuierend das Schlagzeug – ein verzaubernd-irritierender Kosmos der Debussy-Musik, geheimnisvoll-artifiziell, mit fast subversivem Beharren auf der Konsequenz inkumenserabler Klang-Konstellationen - dabei permanent in Übereinstimmung mit dem dunklen Bühnengeschehen.

Die Bühne von Jens Kilian ist ein mehrstufiges düsteres Chateau-Inneres mit einer (nur von den Rängen sichtbaren) Wasserfläche und einem Steig um den Orchestergraben sowie einem mitspielenden beweglichen Vorhang.

Christof Nel konzentriert alles Bühnen-Handeln auf symbolisches Agieren, akzentuiert das Unausgesprochene und lässt ein Familiendrama zu einem Szenario permanenter kommunikativer Defizite werden. Allerdings bedingen diese Fixierungen auf kommunikativen Authismus lähmende Abläufe, die Musik und Libretto mit höchster Intensität insunieren, aber im subtilen Zusammenhang von Fiktion und Realität höchste Ansprüche an das Publikum stellen.

So ist ein Exodus nach der Pause nicht verwunderlich – zumal das Bühnen-Geschehen im Parkett nicht komplett verfolgt werden kann – und die intensive Rezeption von Musik und Gesang macht nun mal nicht das Gesamt-Kunstwerk Oper aus.

Irritationen breiten sich aus, doch beherrscht hoher Respekt vor der künstlerischen Gesamtleistung das Auditorium – und die neu-eröffnete Düsseldorfer Oper hat eine hoffnungsvolle erste Premiere!

Bei aller großen Kunst: Es sind aber auch die gastronomischen Bedürfnisse der Besucher zu berücksichtigen – und da hat der Service in Düsseldorf erhebliche Defizite aufzuarbeiten. Ein Hinweis-Schild zur gerade mal hundert Meter entfernten Altstadt reicht eigentlich schon aus. (frs)


Fotos: © Eduard Straub