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Fakten zur Aufführung 

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER
(Richard Wagner)
29. Oktober 2010
(Premiere Oper Düsseldorf am 25. März 2000, Wiederaufnahme am 23. Oktober 2010)

Deutsche Oper am Rhein (Düsseldorf)

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Hüsteln und Quietschen

In der Stadt herrscht Messebetrieb. Die Altstadt, gleich gegenüber der Oper, schwirrt. Ein Großeinsatz von Rettungsfahrzeugen in der Vergnügungsmeile, der Bolker Straße, sorgt für zusätzliche Unruhe. Kurzum: Düsseldorf brodelt. Auch wenn die Oper am Rand der Altstadt sonst da liegt wie ein Fels in der Brandung – an diesem Abend scheint sich die Nervosität der Stadt auf das Publikum in der Oper übertragen zu haben. Im ersten Aufzug klingt es, als sei eine Reisegruppe aus einer Tuberkuloseklinik auf den Zuschauerraum verteilt worden. Während die Solisten den ersten Aufzug abarbeiten, sorgt permanentes Knarzen und Quietschen der Sessel im Zuschauerraum für Ablenkung. Das ansonsten so disziplinierte Düsseldorfer Publikum will nicht zur Ruhe kommen. Zwischendurch schlagen Türen im gut besuchten Saal.

Ach ja, Oper gibt es auch noch. Ein Stück über die Treue. Der Holländer, der dereinst mit dem Satan paktiert, um einen Sturm auf See zu überstehen, muss bis in alle Ewigkeit die Meere kreuzen. Es sei denn, er findet eine Frau, die ihm treu bis in den Tod bleibt. Um die zu finden, darf er alle sieben Jahre für einen Tag an Land. Das Stück beginnt, als er auf den norwegischen Seemann Daland trifft und um dessen Tochter Senta freit. Altbacken kommt die Aufführung daher. Wolf Münzer, verantwortlich für Bühne und Kostüm, gibt sich traditionell, schöpft aus dem Fundus, etwas uninspiriert, aber handwerklich einwandfrei. Lediglich beim Schiff im ersten Aufzug hapert es ein wenig mit der Logik. Eindrucksvoll die Bühnentechnik, wenn das Schiff des fliegenden Holländers auftaucht. Warum es zwischendurch im dritten Aufzug hoppeln muss, bleibt unverständlich. Unfreiwillige Komik entsteht, als das Bühnenpersonal so recht nichts mit zwei Hasenkadavern anzufangen weiß, die Erik mitbringt. So werden sie erst beiseite, dann in den Bühnenvordergrund, anschließend in den Bühnenhintergrund gelegt, ehe Erik sie bei seinem Abgang – schon fast vergessen – schnell noch mitnimmt.

Prinzipiell halten die Solisten sich tapfer bis glanzvoll. Hans-Peter König mimt den Daland in Stimme und Darstellung mehr als überzeugend. Tochter Senta wird von Anja Kamp kraftvoll und nuancierend interpretiert. John Wegner als Holländer erarbeitet seine Rolle mit Kraft und stimmlich einwandfrei. In der Darstellung erstarrt er allzu oft zur Salzsäule. Corby Welch gibt den Jäger Erik hölzern und schwerfällig. Ganz im Gegensatz zum Chor der Deutschen Oper am Rhein unter Leitung von Christoph Kurig, der dem Spiel Leichtigkeit und Freude verleiht. Die Düsseldorfer Symphoniker, souverän geführt von Georg Fritzsch, spielen routiniert und lautstark. Irritierend, dass zwischendurch Musiker ihren Platz verlassen. Wenn sich im Finale Chor, Solisten und Orchester vereinen, verliert sich jede Differenzierung. Da versucht nur noch jeder, jeden zu übertönen. Das klingt nach Wagner, gerät aber tatsächlich zum überlauten Klangbrei.

Ob Treue bis in den Tod nun eine erstrebenswerte Tugend oder unheilvolle Gedankenlosigkeit ist, lässt auch diese Aufführung offen. Das Düsseldorfer Publikum jedenfalls bleibt seiner Oper treu und applaudiert überschwänglich bis hin zu Bravo-Rufen für Anja Kampe. Neue Erkenntnisse bleiben nach dieser insgesamt soliden Veranstaltung aus, und so verflüchtigt sich das Publikum rasch in der Nacht.

msz

 

Fotos von der Wiederaufnahme: Hans Jörg Michel