Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

EURYDIKE HINTER DEN GRENZEN
(Luigi Rossi/Stefan Scheib)
19. September 2007

Altstadtherbst Kulturfestival
DÜsseldorf
(Maxhaus Düsseldorf)

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


Tickets

(0211) 32 22 03

 

zurück       Leserbrief

Meditativer Abend

Der antike und Opern-Mythos Orpheus wird zur theatralen Konstante, Eurydikes Existenz in der „Unterwelt“ gilt das eigentliche Interesse der „Musiktheater-Performance“ der kooperierenden Institutionen. 1847 wurde Luigi Rossis Oper in Paris uraufgeführt, den Lebenswegen seiner verstorbenen Frau und deren weiblichen Nachkommen bis in die Gegenwart folgt eine metaphernreiche Meta-Erzählung, der es um die Beziehung zwischen der Oper und dem Leben "hinter den Grenzen" geht: Die „Vermessung der Welt“ spielt eine Rolle, das Ansteigen der Wasserstände, Wege von Paris nach Venedig, von Mannheim nach St. Petersburg bezeichnen Stationen einer Irrfahrt, die in unerfüllter Trauer endet.

Marcus Droß inszeniert eine Performance mit Musikern, Sängern, Darstellern als Elemente einer szenischen Collage, die permanentes Improvisieren und von den Zuschauern intensive Teilnahme verlangt.

Sophie Maurer installiert auf der Bühne einen verhüllten Kubus mit technischem Gerät, zeigt auf einem Bildschirm eine Mischung von Oblatenbildern, erotischen Motiven und kommentierenden historischen Darstellungen. Versatzstücke – Stühle, segmentierte frühe Landkarten – werden von den Akteuren behutsam verändert.

Musikalischer Grundton ist die hinreißend klare und zarte Barock-Musik Rossis, sind die elektronischen Effekte, sind verfremdete Naturgeräusche, free-Jazz-Assoziationen mit Saxophon, Baß und Percussion von Stefan Scheib – tontechnisch hervorragend ausgesteuert (Holger Stedem)! Das Liquid Penguin Ensemble beweist staunenswerte Kompetenz, die Gruppe pazzaCaglia fasziniert mit luzider Barock-Musik vom Feinsten – Ralf Peters Sopran verleiht dem Orpheus zu Herzen gehenden Klang, Claudia Kemmerers Mezzo vermag Nuancen emotionaler Befindlichkeit zu artikulieren.

Doch: Zweieinviertel Stunden sedierender Nachdenklichkeit und meditativer Betroffenheits-Attitüde – dramaturgisch gnadenlos in einen chronologischen Ablauf gezwungen – sind nur schwer zu ertragen; zumal diese Betroffenheit über weite Strecke bloße artifizielle Behauptung bleibt. Man wünscht sich phasenweise, eine konzentriert-kontroverse Eurydike-Oper mit den so brisant kontrastierenden Musiken von Rossi und Scheib zu erleben.

Das Publikum im Düsseldorfer Schauspielhaus lässt sich auf diese Art melancholischer Meditation diszipliniert ein, gibt keinen Mucks von sich, verfolgt die bedeutungsschwangeren Bewegungen auf der Spielfläche, entspannt bei der zauberhaft intonierten Musik Rossis – reagiert am Ende aber nur mit freundlich dröppelndem Applaus. Der Altstadtherbst hat sein wichtiges innovatives Ereignis – macht deutlich, welche Chancen in der Kombination von Musiktheater und Performance stecken. (frs)