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Fakten zur Aufführung 

AIDS-GALA 2011
(5. Februar 2011)

Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf


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Vokale Harmonie für den guten Zweck

„Tue Gutes und habe Freude daran“ - so lautete auch diesmal das Motto der festlichen Operngala für die Deutsche Aidsstiftung. Eine Veranstaltung fürs große Sehen und Gesehen werden, natürlich - aber was kümmert einen manch arroganter Blick und erhobene Nase, wenn am Ende unterm Strich ein Ergebnis für die Wohltätigkeit steht. Daher betonte auch Reinhold Schulte, Stiftungsratsvorsitzender der Deutschen Aidsstiftung, dass jeder der Anwesenden dem Kampf gegen Aids ein Gesicht geben würde. Bis zum Veranstaltungstag wurden bereits 140.000 Euro erzielt; dieser Betrag kann sich durch weitere Spenden noch erhöhen. So wurde Reinhold Schulte auf der Bühne von dem Traditionsunternehmen Bucherer ein Scheck über 100.000 Euro überreicht.

Während im Publikum viele Gäste mit Rang und Namen saßen, hatten sich auf der Bühne die ganz großen Namen in letzter Sekunde rar gemacht: Selbst Moderator Holger Wemhoff hatte einen leicht ungläubigen Unterton, als er von einer besonders hartnäckigen Erkältungswelle sprach. Ildebrando d'Arcangelo hatte einen Krankheitsfall in der Familie, während sich Violetta Urmana und Stuart Neill indisponiert abgemeldet hatten. Am Vortag sprang dann auch Tenor Pavel Breslik ab, was dazu führte, dass Antonio Poli 24 Stunden vor der Veranstaltung als Einspringer gewonnen werden konnte. Insgesamt doch ein sehr unglücklicher Zufall, dass ausgerechnet all die Sänger ausfielen, die in ihrer Karriere doch deutlich fortgeschritten und erfolgreich sind.

Statt dessen erlebte man eine Gala besetzt mit Künstlern, die weit mehr waren als nur der jugendliche Nachwuchs oder Ersatz. Auffällig dabei und für die Deutsche Oper am Rhein durchaus eine Auszeichnung, dass man die drei Ensemblemitglieder Anett Fritsch, Tomasz Konieczny und Adrian Sâmpetrean im gleichem Atemzug wie die namhaften Gäste Ketevan Kemoklidze, Amarilli Nizza, Julia Novikova, Stefan Pop, Eric Cutler, Antonio Poli, Takesha Meshé Kizart und Artur Rucinski nennen darf. Bei der über dreieinhalb Stunden dauernden Gala war die vokale Harmonie auf hohem Niveau der gemeinsame Nenner, wo sich auf dem Programm die unterschiedlichsten Komponisten von Mozart bis Strawinsky abwechselten.

Bei den Frauenstimmen konnte man sich über die glockenhelle Anett Fritsch freuen, die mit wunderbar sicher geführtem Sopran begeisterte. Julia Novikova als Gilda verzauberte mit schwebenden Piano-Tönen, setzte dann zusammen mit Ketevan Kemoklidze im Blumenduett aus Lakmé einen weiteren Glanzpunkt mit lyrisch duftendem Gesang. Die Mezzosopranistin Kemoklidze, die laut Holger Wemhoff auch schon mit Kamikaze angesprochen wurde, zeigte eine ganz kecke Rosina mit locker aus dem Ärmel geschüttelten Koloraturen und eroberte das Publikum im Sturm. Gegenüber ihren Kolleginnen fiel Amarilli Nizza mit spröder Stimme etwas ab, so dass ihr „Oh mio babbino caro“ mehr über den Ausdruck als über den schönen Klang gelang. Zwei Höhepunkte gestaltete Takesha Meshé Kizart. Hatte man sich an ihr etwas schnelles Vibrato gewöhnt, waren das ganz in sich gekehrte „Vissi d'arte“ und das dramatische „Pace, pace mio dio“ eine überwältigende Symbiose aus Orchester und Stimme.

Denn auch die Duisburger Philharmoniker hatten großen Anteil an dem Erfolg des Abends. Unter der Leitung von Axel Kober demonstrierten sie ihre großen Fähigkeiten als aufmerksame Begleiter, ohne dabei auf ihre eigene Aussagekraft verzichten zu müssen. Besonders deutlich wurde dies in der letztgenannten Verdi-Arie, wo sich das Orchester zusammen mit der Sängerin zu einem packendem Abschluss aufpeitschte, der durch Mark und Bein ging.

Lediglich Tenor Eric Cutler hatte das Pech, dass das Orchester ausgerechnet in der Cabaletta des Duca aus Rigoletto eine Fermate verpatzte, so dass er neu einsetzen musste. Das tat aber seiner Leistung keinen Abbruch, wusste er doch mit großem Drive sowohl den Duca als auch den Edgardo von Donizetti zu erfüllen. Welchen der drei Tenöre man an diesem Abend lieber mochte, war dann wirklich nur noch eine Frage des Geschmacks, hatten sie doch alle diesen schön strahlenden Glanz, das schmeichelnde Legato in der Stimme, was für die großen Tenorschlager so wichtig ist. Davon sang Stefan Pop gleich zwei und bekam für „Che gelida manina“ und für „Una furtiva lagrima“ lauten Zuspruch – und eine abgezupfte Blume aus der Dekoration. Der Einspringer in letzter Sekunde, Antonio Poli, hatte von Breslik die Arie des Macduff übernommen und am Vorabend noch in der Pause seiner Vorstellung „Dein ist mein ganzes Herz“ gelernt, was er zusammen mit dem gesamten Ensemble und großem Schmelz vortrug. Den jungen Tenor, der dieses Jahr knapp den Emmerich Smola-Förderpreis verpasste, sollte man im Auge behalten.

Zu gefallen wussten auch die drei tieferen Stimmen der Herrenriege: Adrian Sâmpetrean bewältigte „Vi ravviso“ aus La sonnambula mit Eleganz, Artur Rucinski gab den Donizetti-Enrico mit höhensicherem, flexiblen Bariton und Tomasz Konieczny bewies mit der Arie des Fürsten Igor, dass er sein markantes Material genauso kräftig wie gepflegt einsetzen kann. Komplettiert wurde das musikalische Glück durch den Chor der Deutschen Oper am Rhein (Einstudierung: Gerhard Michalski), der „Va pensiero“ herrlich gefühlvoll sang. Holger Wemhof verknüpfte gekonnt die Programmpunkte mit lockerer Moderation voller Anekdoten.

Also auch ohne die ganz großen Namen ein ganz großer Abend, ein Erfolg für den Kampf gegen Aids. So leicht kann man also Gutes tun und Freude daran haben. Das Publikum bedankte sich mit tosendem Applaus.

Christoph Broermann