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Fakten zur Aufführung 

RIGOLETTO
(Giuseppe Verdi)
21. Juni 2008 (Premiere)

Sächsische Staatsoper Dresden


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Wirklich verliebt?

Die Erwartungen waren hoch, das Fernsehen übertrug, im Publikum Intendanten und Opernmanager - die Rigoletto-Premiere an der Semperoper in Dresden war mehr als eine routinemäßig anstehende Neuinszenierung - es ging vordergründig vor allem um den ersten großen Auftritt des weltweit gefragten Rossini-Interpreten Juan Diego Florez als Verdi-Tenor. Im Laufe der Aufführung wandelte sich allerdings das Bild und Interesse, weniger Florez' Herzog von Mantua gewann zunehmend an Statur und Intensität, sondern der bucklige Hofnarr Rigoletto (Zeljko Lucic) und vor allem Diana Damrau als seine Tochter Gilda. Das mag auch damit zu tun haben, dass Regisseur Nikolaus Lehnhoff die Zeichnung der beiden dramatischeren, gebrochenen Protagonisten mehr lag, als die des leichtfertigen herzoglichen Frauenverführers.  

Die Bühne (Raimund Bauer) hatte in ihrer Klarheit und Kargheit suggestive Kraft - der Festsaal des ersten Bildes verzichtete auf allen Prunk, war ein schwarz ausgeschlagener, kalter hoher Raum, der das Eingeschlossensein, das Klaustrophobische der nur noch um sich selbst drehenden höfischen Gesellschaft genauso sinnfällig auf den Punkt brachte wie das in halber Bühnenhöhe aufleuchtende, nur mit einem Bett ausgestattete Zimmerquadrat Gildas, die von ihrem Vater Rigoletto von fast jeglichem Außenkontakt abgeschnitten, regelrecht eingesperrt wird. Fast zu viel der Symbole war dann noch das herunterfahrende Eisengitter, um den Zellencharakter zu verdeutlichen. Die Regie wirkte vor allem durch diese eindrucksvollen Bilder, in denen dann eine eher konventionelle Personenführung erfolgte. Es war alles stimmig, aber damit auch ohne Ecken und Kanten oder Reibungsflächen. 

Dies trifft auch die Interpretation der Herzog-Rolle durch Florez. Er gab einen jugendlichen charmierenden Frauen-Verführer, der gelegentlich sogar von sich selbst glaubt, wirklich verliebt zu sein. Er sang schön, sehr schön, aber es blieb immer eine Rolle, er stellte sich mit seiner Stimme aus, er war der Tenor, der die Herzog-Rolle spielt, aber er war nicht der Herzog von Mantua. Dieses leicht Neben-der-Rolle-Stehen ist bei den überdrehten Commedia-Figuren Rossinis ein überzeugender Kunstgriff - bei Verdi führt es zur Distanzierung des Zuschauers. Man will sich mit begeistern, will mitleiden, und nicht nur Bravour-Arien lauschen. Und die im Belcanto strahlende Stimme von Florez ist doch eher noch klein, der Schritt zu Verdi hin noch zu früh. Hier muss die Stimme noch mehr Farbe, Beweglichkeit und Ausdruck erhalten, das Aussingen von noch so klaren und intonationsreinen Spitzentönen reicht für einen Verdi-Tenor auf hohem Niveau nicht aus.

So gesehen war es denn auch etwas Pech für Florez, dass seine Mit-Protagonisten in Stimme und Darstellung nicht nur voll überzeugten, sondern begeisterten. Zeljko Lucic verkörperte ergreifend den widersprüchlichen und gebrochenen Narren, sein kraftvoller, wandlungsfähiger Bariton nahm für sich ein. Die außergewöhnliche Rollengestaltung und Stimmführung der Gilda von Diana Damrau wurde nicht nur in den Szenen mit dem Herzog  und in der Auseinandersetzung mit ihrem Vater Rigoletto deutlich, sondern vor allem auch in der ergreifenden und beseelt gesungenen Sterbeszene, als sie wider alle Vernunft tödlich verletzt dem Leichensack entsteigt und überirdisch wie ein Engel zu ihren letzten Tönen ansetzt. Dieses grenzwertige Bild, das leicht ins Lächerliche abrutschen kann, bleibt durch und bei Diana Damrau in jeder Phase glaubhaft. Mit dieser Gilda hat sie sich als Ausnahme-Sängerin bestätigt. Das weitere Ensemble, aus dem der präzis artikulierende Bass von Georg Zeppenfeld als Mörder Sparafucile herausstach, war rollengerecht besetzt.

Enttäuschend dagegen die musikalische Leitung der Sächsischen Staatskapelle durch ihren Generalmusikdirektor Fabio Luisi. Es wackelte mehrfach, Orchester und Solisten waren auseinander, mal erschien das Dirigat unmotiviert zu langsam, dann wieder genauso unmotiviert zu schnell, eine Linie war nicht zu erkennen, das Ganze klang eher nach Pflichterledigung statt nach aufregendem und mitreißendem Verdi-Brio.

Das Publikum feierte zwar alle Mitwirkenden, aber doch mit feinen Abstufungen: Diana Damrau gefiel am besten und konnte sich, ähnlich wie Zeljko Lucic,  über immer wieder aufbrandende Bravo-Rufe freuen. Wie schon beim Szenenapplaus musste sich Juan Diego Florez mit dem dritten Platz begnügen. Dirigent Luisi wurde nur beklatscht, das Regieteam um Nikolaus Lehnhoff musste vereinzelte Buh-Rufe vernehmen. 

Axel Göritz   

 








Fotos: Matthias Creutziger