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Fakten zur Aufführung 

LE PETIT FAUST
(Florimond Hervé Ronger)
9. Mai 2009 (Premiere)

Theater Döbeln
Mittelsächsisches Theater


Points of Honor                      

Musik

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Pures Opernglück

Persiflage der Opernmusik, Parodie auf nationale Stereotype, Travestie der nahezu sakrosankten Faust-Geschichte: Florimond Hervé Ronger – Zeitgenosse, Konkurrent und Partner Jacques Offenbachs im Paris der opera bouffe – hat 1869 ein Meisterwerk satirischen Musiktheaters geschaffen! Und Jan Michael Horstmann ist der kreative Entdecker dieser Trouvaille – Glückwunsch!

Im intim-heimeligen Theaterraum in Döbeln wird diese respektlose Verballhornung scheinbar unantastbarer Ikonen der Opern-Geschichte zum lustvollen Ereignis: „konzertant“ angesagt, wird die Szenenfolge zu einem Triumph komödiantischer Leidenschaften. GMD Jan Michael Horstmann ist ein locker-kenntnisreich moderierender Kommentator – und ein stimulierender Dirigent, weit ausholend in der bestimmenden Gestik, die Einzel-Instrumente animierend fordernd, bei den Chorpassagen intensiv mitsingend, die Solisten beinah „kumpelhaft“ einbeziehend.

Die Mittelsächsische Philharmonie lässt sich auf die bizarren Herausforderungen mit angedeuteten Wagner-Zitaten, Einspielungen von Gounod-Themen und knalliger Humptata-Musik kompromisslos ein, vermittelt einen mitreißenden Eindruck des gnadenlos karikierenden Genres - beweist aber gerade durch dieses Eingehen auf „Verfremdungen“ das Selbstbewusstsein perfekten Zusammenspiels!

Faust ist ein altersgeiler Lehrer, Mephisto wird als satanischer Animator aus dem Faust geboren, Gretchen ist eine lebenslustige Göre, Valentin ein nöckernder Lust-Feind – sie alle verschwinden nach unflätigen Injurien durch eine Suppenschüssel im Reich des „Bösen“. Angedeutet wird das durch karikierende Kostüme und darstellerisch akzentuiert durch die offensichtlich hoch motivierten Solisten: Susanne Engelhardt gibt das treudeutsch-aufmüpfige Gretchen mit karikierender Renitenz – brilliert mit hellem, ausdrucksstarken Sopran. Klaus Kühl ist ein stoisch prinzipientreuer Valentin, Truppen-Anführer ohne innere Reflexion – mit kernigem Bariton. Jens Winkelmann beeindruckt als stimmkräftig-wandlungsfähiger Faust: eine überzeugende Karikatur des hoffnungslos jugendsüchtigen, aber auch moralisch gehemmten Faust. Und mit Zsuzsanna Kakuk ist ein hermaphroditischer Mephisto als „Hosenrolle“ zu erleben – ein umwerfender Mezzo mit betörenden Tiefen und intensiven Koloraturen!

Die Damen des Chores lassen sich auf ihre skurrilen Rollen sängerisch hoch kompetent ein, verbreiten Spaß an der Freud’; da wirken die Herren des Chors mit gefrorener Mimik wie degoutiert, singen wie auf angeordnete Bestellung - nehmen wir mal an, die konterkarierend lustlose Attitüde ist Teil des Aufführungskonzepts.

Auf der Bühne Chor, Orchester und die Solisten – im Hintergrund Projektionen zeitgenössischer Stiche in schwarz-weiß, wenig animierend und in den Kontrasten ziemlich unscharf; da muss nachgebessert werden!

Spärlich ist das Haus besetzt – doch die Atmosphäre ist zustimmend aufgeladen, Beifall brandet immer wieder auf, und der Schluss-Applaus vermittelt geradezu enthusiastische Zustimmung.

Das Mittelsächsische Theater sollte diesen „Knüller“ nicht in Döbeln und Freiberg verstecken - Tourneen sind angesagt! Das Opern- und Operetten-Publikum wartet auf diese Hervé-Entdeckung! (frs)