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Fakten zur Aufführung 

TOSCA
(Giacomo Puccini)
27. September 2008 (Premiere)

Theater Dortmund


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Macht und Unterwerfung

Säulen aus Metall bestimmen die Welt, variabel in ihrer Größe, verschieb- und versenkbar. Frank Fellmann schuf das Bühnenbild für Puccinis „Tosca“ in der Dortmunder Oper. Und die Säulen schimmerten mal im warmen Licht in anheimelndem Messington, aber auch fahl und kalt: mal Kirche, mal Palazzo, mal Gräberfeld - Säulen als Rahmen für das Drama um die Sängerin Floria Tosca, zugleich das Gefängnis für die drei Protagonisten, von denen keiner das brutale Geschehen um Macht und Unterwerfung überleben wird.

Hausherrin Christine Mielitz inszeniert höchstpersönlich. Wie gewohnt gibt es bei ihr viel Bewegung auf der Bühne. Dennoch ist ihre Tosca ein Kammerspiel. Mielitz konzentriert sich auf die Titelheldin, lässt sich nicht zu platten, politischen Anspielungen verführen. Hier geht es um die Tragödie einer leidenschaftlichen Frau, die hin- und her gerissen wird zwischen zwei Männern, zwischen Kunst und Staatsmacht, Liebe und Hass. Mühlsteine, die die Sängerin schließlich zermahlen.

Ganz zu Beginn deutet Mielitz an, was später passieren wird. Tosca erscheint im Bühnenkostüm jener Butterfly, die vor knapp vier Jahren in der Dortmunder Oper zu erleben war: Butterfly und Tosca, zwei unterschiedliche Puccini-Frauen voller Stolz. Doch sowohl Tosca als auch die hingebungsvolle Butterfly werden durch Männer vernichtet.

In dieser Inszenierung gelingen Bilder und Szenen von großer Intensität. Gerade das Ringen der Tosca mit dem brutalen Scarpia im zweiten Akt, dieser Kampf um Selbstachtung oder Unterwerfung, der blutig endet, ist in jeder Sekunde spannungsgeladen. Da ist keine Geste, keine Bewegung dem Zufall überlassen. Und Mielitz kann sich hier auch auf ihre Darsteller verlassen. Simon Neal ist ein Scarpia, wie er brutaler nicht sein kann: offen grausam und auch voll Tücke. Neals dunkler Bariton verströmt Kälte und scheinbare Überlegenheit.

Annemarie Kremer gelingt es, auch darstellerisch, den facettenreichen Charakter der Tosca zu beglaubigen. Jede Gefühlsregung kommt da über die Rampe. Ihre „Vissi d’arte“- Arie gestaltet sie sehr sensibel. Die niederländische Sopranistin muss für ihre Tosca die Grenzen ihrer stimmlichen Möglichkeiten ausloten - tut dieses aber mit Erfolg. Blasser bleibt da Luis Chapa als Maler Cavaradossi. Seinem schönen Tenor fehlt es noch an Farben und reicher dynamischer Gestaltung. Bravourös dagegen Bart Driessen, der als Mesner mit kernigem Bass keinen Hehl daraus macht, dass ihm dieser Cavaradossi suspekt ist. Marko Spehar meistert beide Rollen, die des Cesare Angelotti und die des Sciarrone; Hannes Brock macht sich bestens als Spitzel Spoletta. Für die Massenszenen sind der Opernchor des Theaters sowie der Kinderchor der Chorakademie Dortmund stimmlich bestens gerüstet.

Die Dortmunder Philharmoniker finden unter ihrem neuen GMD Jac van Steen zu neuem Glanz als Opernorchester. Van Steen differenziert Puccinis Klangwelten, macht sie durchhörbar, lässt aber nirgends Emotionen vermissen.

Die Begeisterung des Publikums im sehr gut gefüllten Dortmunder Opernhaus kennt schier keine Grenzen – ein Saisonauftakt, wie er schöner nicht hätte sein können.

Thomas Hilgemeier

 










Fotos: © Rudolf Finkes