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Fakten zur Aufführung 

SALOME
(Richard Strauss)
21. September 2007 (Premiere)


Theater Dortmund

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Traumatisches

Strauss-Musik mit all ihrer Schwüle, mit ihrer Aggressivität, mit ihrer suggestiven Emotionalität – das vermitteln die großartigen Dortmunder Philharmoniker in Vollendung. Ekhart Wycik belässt es aber nicht bei den oberflächlichen Effekten, sondern akzentuiert die Besonderheiten der Instrumentierung, die schier unglaubliche Dynamik und die überwältigende Kunst melodisch-harmonischer Brüche mit ihrem schockierenden Klang!

Schockierend ist die Geschichte der traumatisierten Salome, die Alexander Schulin erzählt: Atemraubend wie das Mädchen beim Schleiertanz die Treppe hinabzögert und dem geilen Herodes brutal zugeführt wird. Diese Schlüsselszene verdeutlicht die Inszenierungs-Idee: Traumata einer (groß)bürgerlichen Gesellschaft, in der die Religionen versagen, ethische Werte pervertiert sind, menschenverachtende Rituale vorherrschen.

Doch bei aller Bühnen-Dramatik separieren sich die Handlungsstränge, verrätseln sich die komplexen Kontexte, gibt es historische Unstimmigkeiten und den einen oder anderen faux pas – so wenn Jochanaans Gruft schlicht die übliche Versenkung ist mit dem Deckel als plattem Bühnen-Utensil.

Christoph Sehls Bühne zitiert die Strauss-Ambiente aus Arabella, Ariadne oder Rosenkavalier – die Dekadenz der belle epoque mit opulenter Innenarchitektur, einem monströsen Weihnachtsbaum als Signum scheinbarer Stimmungen. Cornelia Brunn steckt die Akteure in zeitgerechte Kostüme, karikiert die verschiedenen jüdischen Protagonisten als Vertreter der Weltreligionen – einen Kardinal, einen Metropoliten, einen Pfaffen -- doch der Imam ist ein osmanischer Funktionär mit Fez: vorauseilender Gehorsam vor etwaigen Protesten?

Gespielt und gesungen wird auf Dortmunds Bühne mit bislang unbekannter Intensität: Valerie Suty gibt die missbrauchte Salome mit tief bewegender mädchenhafter Leidenschaft; stimmlich hat sie die unbändige Kraft für diese mörderischen Anforderungen, beeindruckt mit ihrem emotionalisierenden Timbre, beherrscht die Höhen mit suggestiver Kraft und vermag mit bemerkenswerter Flexibilität , Nuancen von Leid und Leidenschaft zu vermitteln. Simon Neal verleiht dem Jochanaan beschwörenden Klang – sein Bariton leuchtet mit geradezu missionarischer Kraft, und mit Phrasierung und Darstellung entsteht ein durchaus gebrochener Charakter. Jeff Martin fasziniert als gierig-getriebener Herodes – stimmlich hochintensiv präsent, in der Artikulation auf allen Ebenen perfekt, mit seinem Timbre eine Ideal-Besetzung. Gleiches gilt für Szilvia Raliks Herodias, die mit ihren fulminanten Höhen unterdrücktes Begehren und verzweifelte Dominanz verkörpert. Mit Thomas Piffka ist ein Narraboth höchster Kompetenz zu erleben – darstellerisch ausdrucksstark, stimmlich variabel-souverän in allen Lagen. Das gesamte Ensemble der Dortmunder Oper präsentiert sich auf exzellentem Niveau, lässt die Aufführung zu einem Triumph des Hauses werden.

Das wird auch vom Publikum so wahrgenommen – die Spannung während der Aufführung ist intensiv spürbar, der Schlussapplaus – nach einer bemerkenswerten Stille beim Fallen des Vorhangs – feiert vor allem die Sänger und das Orchester, ein paar Buhs für das Regieteam sind wohl eher dem unerwarteten Ambiente geschuldet. (frs)

 

 


Fotos: © Thomas M. Jauk/Stage Picture