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Leidenschaft
Das waren schon ergreifende 75 Minuten, die Matthias Goerne im Konzerthaus
bescherte. Dabei wirkte es zunächst sogar etwas verkrampft, wie sich der
Bariton am Flügel seines Pianisten Eric Schneider nahezu über den gesamten
Zeitraum festklammerte. Opernhafte Gestik ist weiß Gott nicht Goernes
Sache - wie wohltuend bei einer Präsentation von Schuberts Liederzyklus
"Die schöne Müllerin".
Goerne erzählt die tragische Liebesgeschichte des jungen Müllerburschen
voller Leidenschaft. Die schnellen Lieder wie "Ungeduld" präsentiert er
in atemberaubenden Tempi. Doch Goernes wahre Stärken liegen in den lyrischen
Stücken, das wurde auch an diesem Abend deutlich. Die letzten Nummern
("Trockene Blumen", "Der Müller und der Bach", "Des Baches Wiegenlied")
waren eindrucksvolle Zeugnisse seines bis ins Tiefste gehenden Einfühlungsvermögens.
Gerade hier kommt Goernes faszinierende Piano-Kultur vollends zur Geltung.
Mit Eric Schneider stand Matthias Goerne ein Pianist zur Seite, der scheinbar
problemlos mit ihm harmoniert. Schnörkellos, technisch perfekt und mit
der notwendigen Zurückhaltung lässt er den Solisten agieren.
Das Publikum: angetan, ergriffen, standing ovations. Doch, man mag es
kaum glauben, selbst gegen Ende dieses wahrlich nicht überlangen Konzertes
waren die ersten Seufzer und Blicke auf die Uhr zu registrieren. (cd) |
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