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Anrührend
Wird irgendorts eine Matthäuspassion von Bach aufgeführt, muss man sich
um die Zuschauer-Resonanz grundsätzlich keine Sorgen machen. Zu populär
ist dieses großartige Werk, zu verhaftet die Tradition, sich gerade in
der vorösterlichen Zeit eine Passions-Aufführung zu Gemüte zu führen.
So war auch die riesige Dortmunder Sankt Reinoldi-Kirche bestens besucht.
Unter der Leitung von Gerolf Jacobi zeigte der Dortmunder Bachchor an
Sankt Reinoldi eine höchst beeindruckende Leistung: Präzise in den Einsätzen,
ausdrucksstark vor allem in den Chorälen. Der vierfache Ausruf "Mein Jesu,
gute Nacht!" im abschließenden Rezitativ war dermaßen anrührend vorgetragen,
dass eine Steigerung im Schlusschor kaum noch möglich war.
Im Gegensatz dazu war die Qualität der solistischen Darbietungen leider
nur guter Durchschnitt. Am besten gefiel Lothar Blum als Evangelist mit
klarer Stimme, doch auch bei Ihm ging die Substanz in den hohen Tenorlagen
teilweise verloren. Ulrich Wand (Bariton), Julia Barthe (Sopran), Christine
Wehler (Alt) und Gregor Finke (Bass) hatten dagegen wenig Power, wirkten
bisweilen sogar ein wenig holprig.
Hervorragend begleitet wurden Chor und Solisten vom Concerto vivo auf
historischen Instrumenten; vor allem die Solo-Darbietungen demonstrierten
die vorzügliche Qualität dieses Ensembles.
Die im Programmheft (das über Passionstext und Besetzungsliste hinaus
leider keine zusätzlichen Informationen bot) abschließende Aufforderung
zu einer angemessenen Stille nach dem Schlusschor wurde vom Publikum gewissenhaft
beachtet; ein solcher Hinweis macht anscheinend Sinn. (cd) |
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