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Fakten zur Aufführung 

L'ITALIANA IN ALGERI
(Gioacchino Rossini)
21. Februar 2009 (Premiere)

Theater Dortmund


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Azurblauer Himmel

Gregor Horres versteht sein Regie-Handwerk: Er versagte sich jeden Fingerzeig auf tiefgreifende Konflikte zwischen westlicher und arabischer Welt. Rossinis Italienerin in Algier ist für ihn ein putzmunterer Geschlechterkonflikt – und so erzählt er mit leichter Hand die Geschichte der Italienerin Isabella, die ihren Geliebten Lindoro aus der Hand des Mustafa befreien will.

Jan Bammes baut einen lichtdurchfluteten runden Käfig, in dem man allerhand Mannsvolk beim Stählen seiner Körper mit diversen Sportarten bestaunen kann – eine aussterbende Spezies? Der Eitelste ist der Chef selber: Mustafa, Bey von Algerien, behängt mit vielen goldenen Ketten und einem schmucken Haarteil, langweilt sich mit seiner Gattin - einer fleischgewordenen, blondierten Männerfantasie mit großer Oberweite und knallengem Rock (Kostüme: Yvonne Forster, deren liebevoll detaillierte Ausstattung des Chores augenfällig ist). Da kommt die moderne Isabella gerade recht. Zu dumm nur, dass sie mit List und Tücke Mustafa in die Knie zwingt und für ein allgemeines Happy End sorgt.

Horres liefert eine ausgefeilte Personenführung. Da bleibt zu keiner Sekunde irgendjemand unbeachtet. Besonders bemerkenswert: die feine Inszenierung der großen Ensembles, von denen Rossini gerade in der Italienerin in Algier eine ganz Menge bereithält. Horres schafft es hier, mit wenigen gezielten Gesten und Figurenkonstellationen deren Beziehungen offen zu legen. Dabei wird er von einem ungemein spielfreudigen Ensemble unterstützt. In dieser Hinsicht glänzen aller Akteure - und so gelingt mit diesem leichten, heiteren Opernabend auf der in Azurblau ausgeleuchteten Bühne ein schöner Farbtupfer im winterlichen Grau.

Kapellmeister Motonori Kobayashi und die Dortmunder Philharmoniker beweisen feines Gespür für Rossinis Partitur, zeigen besonders in den leisen Passagen edle Klangkultur und unterstützen die Sänger ganz vortrefflich. Dem Personal auf der Bühne macht Rossini es nicht leicht. Seine fein gewobene Musik mit ihren filigranen Koloraturen, dem Presto parlando, den mitunter wahnsinnigen Intervallsprüngen - all dies verzeiht nicht den noch so geringsten Fehler. Und vom perfekten Koloraturgesang war man in Dortmund denn auch noch einigermaßen entfernt. Aber wo bekommt man schon blitzsauberen, perfekten Rossini-Gesang?

Deutlich punkten kann das – auf der Bühne – schwache Geschlecht: Bart Driessen ist ein unwahrscheinlich vitaler Mustafa, der Kraft und Triebhaftigkeit auch stimmlich vermittelt. Die Rolle des Machos, der gern mal seine prallen Muskeln präsentiert und an seinem herrischen Wesen keinen Zweifel lässt, liegt ihm wunderbar. Brian Dore überzeugt als trotteliger Taddeo dank seiner gestochen scharfen Diktion und seines runden, ausgeglichenen Baritons. Marko Špehar meistert seine kleine Rolle als Haly, den Anführer der Korsaren, gut. Tansel Akzeybek, ein junger Tenor mit leichtem, hellem Timbre und großer Beweglichkeit, leidet am Premierenabend unter Fieber, singt dennoch seine Partie – die des Lindoro. Die Spitzentöne brechen, vor den Koloraturen muss er hier und da kapitulieren. Nach der Pause lässt er sich als indisponiert ansagen. Doch von Akzeybek hat man in Dortmund und in Bonn (wo er derzeit engagiert ist) in den letzten Jahren viel Gutes gehört. Sobald er wieder gesund ist, wird sein Lindoro zu einem Höhepunkt der Dortmunder Inszenierung werden.

Ji Young Michel verkörpert die Isabella intonationssicher und mit (deutlich zu weit) ausschwingendem Tremolo, schauspielerisch erfrischend. Lydia Skourides als Sklavin Elvira legt für Rossini zu viel Schärfe in ihre Töne - das gilt auch für Vera Semieniuk als Zulma. Geschmeidigkeit und präzise Führung der Stimme sind bei beiden noch ausbaubedürftig.

Das Publikum zeigt sich gut gelaunt, freut sich an der temporeichen Inszenierung und bedankt sich für einen schönen Abend mit einhelligem Beifall.

Christoph Schulte im Walde

 








 
Fotos: schmidt/www.bildautor.de