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Dämon
Romantik ambivalent bestimmt die Szene im Dortmunder Schauspielhaus: Offenbachs
Opernklassiker wird zur Beschwörung der Dämonen im leidenschaftlich kreativ-gebrochenen
Existieren des Dichters Hoffmann, seiner idealisierten Geliebten und seiner
- spirituell allgegenwärtigen - Feinde.
Hermann Schmidt-Rahmer gelingt in der variablen Bühne von Herbert Neubecke
(im Wesentlichen verschiebbare Wände mit Projektionsflächen für emotionalisierende
Videoimpressionen) eine ungemein intensive Verzahnung von Offenbachscher
Opernidentität mit deutsch-ambivalenter Romantik.
Jochen Weber leitet die Offenbach-variierende Musik mit ihren faszinierenden
Melodien durch ein wunderbar improvisierendes Trio von Schlagzeug, Harfe
und Flügel. Die Klänge vermögen die abgewandelten Offenbach-Imaginationen
kongenial zu verfremden.
Matthias Scheurig ist ein martialisch-brünstiger Hoffmann, Veronika Nickl
singt die Olympia/Antonia/Giulietta in bester Schauspielerinnen-Gesangsattitüde:
exaltiert, intonationskritisch, aber mit staunenswerter stimmlicher Präsenz
abseits von allem Opernglanz; ebenso wie Jürgen Uter die Dämonen Lindorf
und Co. hintergründig interpretiert und Claus Dieter Clausnitzer die "Handlanger"
Latter et al. charakterisiert; Silvia Fink ist eine sexuell-ambivalente
Muse bzw. Niklausse; und das gesamte Ensemble engagiert sich in den Zwischenwelten
von realem leben und dämonischen Mächten.
Die Beschwörung romantisch dunkler Mächte beeindruckt ein aufnahmebereites
Publikum enorm - vor allem die Jüngeren bejubeln das Gesehene. Doch bleibt
im Rückblick die erheblich dichtere Erfahrung mit Wilsons "Black Rider",
der Event-Version des "Freischütz" in Dortmund. (frs) |
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