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Fakten zur Aufführung 

FALSTAFF
(Giuseppe Verdi)
11. April 2010 (Premiere)

Oper Dortmund


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Alles Spaß

„L’uom è nato burlone“ – alle Menschen sind Narren. Sie überschätzen sich - oder lassen sich täuschen. In Beverly Blankenships Dortmunder Falstaff-Lesart hebt diese Erkenntnis alle Klassenunterschiede auf und lässt das Ränkespiel um den in das wohlbehütete, bürgerliche Leben „eingebrochenen“ (oder hinuntergefallenen) Adeligen Sir John Falstaff sich in Wohlgefallen auflösen. Am Ende lachen alle über sich selbst.

John Llyod Davies stellt eine Plattform mit einem Modell des Städtchens Windsor auf die Bühne. Das wird mal größer, mal kleiner - je nach aktueller Entfernung vom Ort des Geschehens. Und Susanne Hubrichs ebenso zeit- wie respektloser Kostüm-Mix in prallen Farben betont die Shakespeare-Geschichte in ihrer Zeit- und Ortsungebundenheit. Falstaff selbst ist der (optisch) Neutralste in dieser Inszenierung, sein Kumpan Pistola alias Marko Špehar steckt als Wikinger in Ledermontur, Bardolfo (mit roter Nase: Hannes Brock) im Schottenrock. Auch das übrige Personal scheint aus allen möglichen Epochen zusammengetrommelt worden zu sein - alles geht ziemlich querbeet. Das Treffen mit Alice Ford findet in einem Spülbecken im XXL-Format statt, Falstaff residiert und empfängt zwischenzeitlich in einem gediegenen Oldtimer.

Die Stärke von Blankenships Arbeit liegt zu allererst in ihrer ausgeprägten Fähigkeit, in jeder Minute die rasante Entwicklung des Intrigenspiels sinnfällig zu präsentieren. Und zwar als ausgesprochene Komödie, nicht so sehr als tief schürfende Einsichten in das Schicksal eines degradierten Ritters. Blankenship stellt die Personen so zueinander, dass jeder merkt, was - salopp gesagt - da beziehungsmäßig abgeht. Sie vermag Verdis immer wieder verblüffende, grandiose Ensembles absolut adäquat zu bebildern. Dabei widmet sie auch in Massenszenen jeder einzelnen Figur größte Aufmerksamkeit. Der Fokus wird in Dortmund nicht vorrangig auf die Ausdeutung der einzelnen Charaktere, sondern auf das Gesamtbild gelegt.

Verdis letztes Meisterwerk verlangt musikalische Höchstleistungen, was die Koordination zwischen Orchestergraben und Bühne angeht. GMD Jac van Steen hat da am Premierenabend nicht immer Glück, dass die Feinabstimmung durchweg ganz akkurat gelingt. Das ist aber auch verflixt kompliziert – und dürfte sich ganz gewiss in den folgenden Repertoire-Vorstellungen „einrenken“. Insgesamt präsentieren sich die Dortmunder Philharmoniker als äußerst verlässliches Verdi-Orchester.

Jacek Strauch in der Titelrolle ist ein absolut spielfreudiger Darsteller, der in seiner Rolle schlichtweg aufgeht. Stimmlich macht er eine gute, wenn auch nicht überragende Figur. Simon Neal als Mr. Ford ist da echte „Konkurrenz“ dank seines kernigen und sehr flexiblen Baritons. Craig Berminghams Fenton ist stimmlich eher unausgewogen. Das gilt leider auch für Christina Rümann als Alice Ford. Bestens disponiert zeigte sich Julia Amos als Nannetta. Sehr verlässlich sangen Maria Hilmes als Mrs. Meg Page und Andrea Rieche als Mrs. Quickley. Insgesamt ist aber zu sagen, dass das Dortmunder Ensemble der filigranen Feinheit der Partitur Verdis oft nicht ganz gerecht werden konnte.

Das Premierenpublikum – selten war das Haus so gut gefüllt wie diesmal - nahm die Inszenierung überaus freudig auf. Große Ovationen für Sänger, Orchester und das Regieteam!

Christoph Schulte im Walde









 
 
Fotos: Bettina Stöß