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Fakten zur Aufführung 

AFFE BESIEGT KNOCHENGEIST
(Peter Schat)
20. Februar 2010 (Premiere)

Kinderoper Dortmund


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Abwehr von Dämonen

Die Geschichte von „Affe“, der sich mit seinen Freunden Schweinchen und Sandy – geschart um den buddhistischen Priester Hsuan Tsang - gegen den Dämon „Knochengeist“ wehrt, ist eine uralte chinesische Parabel. Es geht um die Wachsamkeit gegenüber totalitären Mächten – aber auch um die Solidarität der gefährdeten Individuen und die Verantwortung der Intellektuellen für existentielle Werte.

Der niederländische Komponist Peter Schat (1936 - 2003) engagierte sich politisch gegen Tendenzen des Totalitarismus, griff zum Holland-Festival 1980 das chinesische Märchen auf – und erlebte 1998 in Hengelo durch die Nationale Reisopera eine mit großer Zustimmung aufgenommene Wiederaufnahme: Schats Komposition – er bezeichnete sie selbst als „freie Atonalität“ – für zwölf Musiker fand respektvolle Anerkennung für den einflussreichen niederländischen Avantgardisten.

Nun in der Dortmunder Kinderoper – ein ausgesprochen mutiges Projekt, Kinder mit philosophischen Fragen zu konfrontieren, und das mit einer anspruchsvoll-konstruierten Musik: Das Experiment gelingt! In der intimen Dortmunder Kinderoper – wo durchaus der äußere Geräuschpegel einspielt – reagieren die Kids emotional kommentierend, lassen sich von den interpretierenden musikalischen Tönen stimulieren und entwickeln differenzierte Sympathie für den so naiv-kämpferischen „Affen“, identifizieren sich mit den unbefangen agierenden Sandy und Schweinchen, kapieren das Verhalten des reflektierenden Priesters nicht so recht, entwickeln aber auch keinen Hass auf den so wandlungsfähigen Dämon „Knochengeist“ - verstehen die komplexen Zusammenhänge durchaus den Intentionen entsprechend, fallen nicht auf scheinbar eindeutige Kontroversen herein!

Michael Hönes leitet die konzentriert musizierenden Instrumentalisten der Dortmunder Philharmoniker mit leichter Hand, hat die Szene im Auge, hält sich aber im impulsiven Ausdruck der vorgegebenen Partitur mit ihren atonalen Brüchen zurück, verpasst die Chance zur Präsentation „moderner Musik“ als ästhimierendes Element avancierten Musiktheaters.

Sebastian Ellrich stellt ein rudimentäres Skelett mit zwei bogenförmigen Rippen auf die Bühne, schafft assoziative Räume und Platz für kreatives Agieren.

Anja Nicklich inszeniert ausgesprochen kind-orientiert, lässt das Publikum mit Geräuschen „mitspielen“, setzt auf stereotype Gestik, verzichtet auf überraschende Kreativität – wirkt geradezu kontraproduktiv zu der so „ungewöhnlichen“ Musik und der ambivalenten „Botschaft“.

Stephan Boving gibt einen lausbubenhaften „Affen“ – ein Sympathieträger mit hoher Identitätskraft und stimmlicher Kompetenz im permanenten Wechsel von Sprechen, Sprechgesang und nahezu ariosen Passagen. Diese außergewöhnlichen Herausforderungen werden auch von Julia Amos angenommen – und in geheimnisvollen Verwandlungen des „Knochengeistes“ stimmlich bemerkenswert variabel umgesetzt. Vera Semieniuk überzeugt mit flexibel-tonsicherem Sopran als Hsuan Tsang; Thomas Günzler als vokal kompetenter Partner „Schweinchen“, Bart Driessen als souverän intonierender Sandy – sie garantieren die musik-ästhetische hohe Qualität der Dortmunder Aufführung.

Alles in allem: Ein Triumph für die Dortmunder Kinderoper – das Erbe von Christine Mielitz in schweren Zeiten für das Theater in Dortmund - und ein überzeugender Beitrag zu Zeiten drohender finanzieller Demontage!

Franz R. Stuke

 







Fotos: Thomas Jauk/Stage Pictures