Lustvolles Biedermeier
Albert Lortzing ist eine Gallionsfigur des Biedermeier, aber damit ist er auch ein Protagonist der versteckt-humorvoll-bitteren Kritik der scheinbar harmonischen Welt mit ihren konkret-unterschwelligen Gegensätzen.
In Detmold gelingt Marcus Everding eine Inszenierung des „Waffenschmieds“ mit allen Ingredienzien Lortzingscher Ambivalenz: Die szenischen Angebote zur lustvollen Identifikation mit heimeliger Gemütlichkeit vermitteln zugleich den locker-kritischen Blick auf die bedrängende gesellschaftliche Situation – und spiegelt damit die erschütternden Lebensumstände des gebeutelten Lortzing.
Petra Mollerus baut eine beziehungsreiche Bühne mit einem Riesen-Schwert und einem surrealistisch-avancierten Georg-Drachentöter als imaginierendem Horizont.
Wolfgang von der Burg gibt den alten Waffenschmied mit ergreifender Bühnenpräsenz, gibt seinem Gesang entsagungsvollen melancholischen Klang. Kirsten Höner zu Siederdissen ist eine unschuldig-liebliche Marie mit zauberhaft-verführerischem Timbre. Ulf Bunde als liebendem Ritter bleibt die Intonation als Traum-Schwiegersohn; Silke Dubiller verblüfft mit Diseusen-Sound als komische Irmentraut und Markus Gruber überzeugt mit frechem Tenor als Georg; Vladimir Miakotine hat nur wenig Gelegenheit zur Demonstration seines ungemein kraftvollen Baritons als Ritter Adelhoff.
Melodische Passagen, individuell charakterisierende Elemente, Zusammenspiel der Instrumentengruppen: Das Orchester des Landestheaters Detmold intoniert unter dem aktiven Jörg Pitschmann einen authentischen Lortzing-Klang!
Das Detmolder Publikum genießt einen gefühlvollen Abend, doch: die nur scheinbare Harmonie wird in ihrer Widersprüchlichkeit durchaus verstanden. Schließlich gehört Lortzing zum lippischen Kulturerbe! (frs)
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