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Operngeschichte live
Das ist eine akzeptable Idee: Man nehme die intelligente Analyse einer
epochemachenden Oper - hier: Attila Csampais "Tosca"-Einordnung - und
bringe das sinnlich erfahrbar mit kompetenten Solisten auf eine illustrative
Bühne. Kay Metzger zeigt die Abwesenheit gefühliger Szenen, betont die
divergierenden, die alten Opernklischees ablösenden Momente von Kolportage,
Krimi, Psychodrama - ohne den Gesamtduktus nicht-theatralisch zu intellektualisieren
(dass dabei zahlreiche Handlungsdetails - Angelottis Ketten - Rückfragen
provozieren, sei dahingestellt).
Marlis Knoblauchs Bühne verweist mit historisch-assozierbaren Zeichen
- z.B. an Rafael erinnernde Engelsbilder - auf die vorhandenen Traditionen
der Kunstgeschichte.
Das Orchester de Landestheaters Detmold demonstriert unter dem differenziert
leitenden Erich Wächter die elektrisierenden Neu-Erfindungen Puccinis,
sein Konterkarieren des Wohlklangs, seine verismo-überwindende Radikalität,
die knallharten Eruptionen in hochmotivierten Instrumentgruppen.
Dazu agiert und singt ein hochmotiviertes kompetentes Ensemble: Angelotti
und der Mesner sind prima besetzt - Ulf Bunde-Dunbar verströmt revolutionäre
Kraft, Vladimir Miakotine gibt dem Mesner baritonale Buffo-Kraft. Vadim
Volkov dröhnt einen bigott-sexuell perversen Scarpia; Alexei N. Vavilov
gibt dem Cavaradossi hörenswerte tenorale Brillanz mit nachhaltigem Legato
und ohne Scheu vor den geforderten Höhen; Brigitte Baumas Tosca wandelt
sich von der zickigen Diva zum verzweifelten Opfer, beeindruckt mit einem
wohlfundierten Sopran sowohl in lyrischen als auch in dramatischen Passagen
mit bemerkenswerter Phrasierungskunst!
Und so ist bei dem durchaus offenen Angebot von reflektierter Deutung
und theatraler Wirkung das Detmolder Publikum hochzufrieden: eine phantastische
Atmosphäre der Identifikation im malerischen Theatersaal und in den kommunikativen
Foyers. (frs) |
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