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Fakten zur Aufführung 

DIE TÖDLICHEN WÜNSCHE
(Giselher Klebe)
23. Februar 2005 (Premiere)

Landestheater Detmold

Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Bühne

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Realität v. Magie

Kommunikativ gesehen, ist es wohl eine Frage der Lesart eines „offenen Kunstwerks“: Die Detmolder Inszenierung des Frühwerks Giselher Klebes (geb. 1914) von 1956 vermittelt dem aufgeschlossen-assoziierenden Zuschauer den Einbruch der Magie in die vorgestellt wissenschaftlich-erkannte Welt. Basierend auf Balzacs Roman „Das Chagrinleder“ fokussiert Klebe auf zeitliche Vergänglichkeit, Irritationen durch magische Kräfte des erworbenen Talismans, imaginäre Kräfte des Flusses, aggressiv-stimmulierende Einflüsse „der Gesellschaft“ und die Sehnsucht nach Liebe.

Klebes Musik (1956!) arbeitet mit Ansätzen der Zwölftonmusik, adaptiert Rossini, vor allem Verdi, aber auch Weber. Das führt zu durchaus lyrischen Klängen, die über lange Harmonien emotionale Befindlichkeiten evozieren.

Erich Wächter gelingt mit dem vitalen Orchester des Landestheaters Detmold ein emotional-hörbarer Klang, der weit entfernt ist von akademischer Technik, vielmehr Motive, Themen, Farben und Variationen erlebbar werden lässt. Geradezu imaginierend für die hoffnungslose Abhängigkeit im Fluss der Zeit: die Klarinettensoli auf der Bühne!

Ein Wasserstreifen, aufbauende und verschwindende (Teil-)Elemente wie authentische Räume, Fassaden-Teile, an attacca auf-und abgebaut; das alles in dunklem Licht: Axel Schmitt-Falckenbergs Bühne atmet die Atmosphäre Balzacs: die Konfrontation von oberflächlichem Strudel und unbegriffenem Märchen.

Die junge Kristina Wuss setzt auf die Idee der Vergänglichkeit der Zeit, bleibt aber in der konkreten Umsetzung der Vielfalt von Balzacs Vorgabe und Klebes komplexem Verständnis hinter den Möglichkeiten zurück. Zu kryptisch sind ihre Aussagen im Programmheft, zu wenig inspirierend die Aktionen auf der Bühne.

Die Wieder-Entdeckung der aktuell-beeindruckenden Oper des Detmolder Musikhochschul-Professors Klebe – der Großmeister der Literaturoper, vor allem in Zusammenarbeit mit Kurt Horres – gerät dem Landestheater Detmold zu einem bewundernswerten Kraftakt: Das gesamte Ensemble beweist in den 15 Szenen mit mehr als 20 Rollen seine ungemeine Spielfreude und sängerische Kompetenz. Johannes Harten gibt dem Raphael stimmliche Statur, allerdings mit viel Druck und ohne wirkliche Differenzierung; Jutta Marie Fries ist auch stimmlich-schmiegsam eine hoffnungsvoll liebende Pauline.

Das Detmolder Premierenpublikum weiß den Reiz von Musik, Gesang, Regie und Bühne zu schätzen: langanhaltender, respektvoller Applaus – vor allem für den verehrten Giselher Klebe. Ein Opernfest! (frs)


Fotos: © Landestheater/Hörnschemeyer