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Fakten zur Aufführung 

SIEGFRIED
(Richard Wagner)
28. März 2009 (Premiere)

Landestheater Detmold


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Das Ende der Väter

Der Ring wird geschmiedet in Detmold, er realisiert sich nicht im „Zeit-Tunnel“ wie seinerzeit bei Götz Friedrich, er geht vielmehr auf eine „Zeitreise“ mit verschiedenen Stationen – und macht im Siegfried Halt in den aufmüpfigen 60er Jahren. Kay Metzger inszeniert das Ende der Väter: Mime, der listige Schmied, wird vom Flower-Power-animierten Siegfried erschlagen; Fafner, der besitz-zufriedene zipfelmützige Spießer, endet nach Kampf; Wotan, der selbstgerechte pater familias resigniert – übrig bleibt ein merkwürdig disparates Paar Brünnhilde/Siegfried - das Ganze begleitet von den immer quasi steuernd auftauchenden Rhein-Nixen, wie neckische „Engel der Geschichte“ – da lebt der so unernst-revolutionäre Zeitgeist einer fröhlich-alternativen Epoche!

Der erste Akt spielt im waldnahen Wohnwagen Mimes – wunderbar verfremdet der Verweisungsort Sieglindes in der Walküre! - der zweite ebenfalls im Wald mit einem Alberich-Hochsitz und dem heimeligen Eigenheim Fafners und einer höchst kommunikativen Telefonzelle; nur im dritten Akt wird’s mythisch-abstrakt – Wotan semmelt die alleskundige Erda ab – bevor Siegfried die Brünnhilde auf Stühlen des Theaters trifft - so endete schon die Walküre, und offenbar spielt weniger das Motiv der öffentlichen Kommunikation dieser verquasten Beziehung eine Rolle als vielmehr der szenische Zusammenhang zum ersten Abend.

Petra Mollérus hat keine Scheu, Karikaturen eines konkret gelebten Milieus auf die Bühne zu stellen, kontrastiert den gesungenen Mythos mit seinen popeligen Realisationen. Und das ist das Prinzip der brillanten Veranstaltung: Wagners Mythen-Konstruktion war durchaus zeitbezogen - und unsere Zeit bedarf eben einer anderen Deutung - „werkgetreu“, wenn man’s denn unbedingt so will!

Das Orchester des Landestheaters Detmold spielt eine Bearbeitung von – Achtung! – Gotthold Ephraim Lessing – da hat das Landestheater einen wunderbaren Mitarbeiter gewonnen! Doch Erich Wächter will mit den spielfreudigen Musikern kein einheitlicher Duktus gelingen: Da wird bombastisch aufgetrumpft, da wird kammermusikalisch verhalten musiziert, da gibt es hochtransparente Passagen und da wechseln die Tempi, die nicht handlungsstimulierend sind - insgesamt: ein voluminöser Klang in kleinem Haus!

Johannes Harten gibt dem Siegfried seine bravourös-strahlende Stimme, beeindruckt mit enormer Kraft, beglückt mit agiler Kopfstimme – doch befremden immer wieder störende Konzentrationsdefizite. Bruno Gebauer singt einen perfekt quängelnden Mimi, mit einer nahezu charismatischen Stimme, die sich in ihrer individuellen Färbung jeglicher Zuordnung zu den gängigen „Fächern“ entzieht. Sabine Hogrefe verleiht der Brünnhilde eine agil-ausdrucksvolle Stimme, sicher-voluminös in der Mittellage, beeindruckend in den unangestrengten Höhen – aber darstellerisch statisch, ohne emotionalisierende Ausstrahlung. Mit Mark Morouse ist ein wunderbar stimmkräftiger Wotan zu hören, dem die dominierende Rolle mit modulationsreicher Souveränität gelingt. Gerd Vogels Alberich ist ein sängerisch-darstellerisches Highlight: da agiert ein hochengagierter Protagonist mit einem ungemein flexibel ausdrucksvollen Bariton mit beeindruckenden Möglichkeiten zum Ausdruck differenzierter Emotionen. Vladimir Miakotine – der viel erprobte Liebling des Detmolder Publikums – besticht durch sonor-artikulierte Stimme als Spießer Fafner: ein Garant für den Aufführungs-Erfolg! Und Evelyn Krahe – eine Erda mit zauberhaft gradlinigem Alt, eine Stimme, wie gegossen aus edlem Material! Beate von Hahns Waldvogel überzeugt mit hellem Klang, insinuiert den Aspekt „Natur“ mit klarer Intonation.

Im klassischen „Fürstentheater“ Detmold sitzen viele Beobachter der kritischen Zunft – nun ja – und interessierte Manager von Theatern, die den erstmaligen „Ring auf Reisen“ abonnieren wollen - sie erleben das begeisterungsfähige Detmolder Publikum in Höchstform: konzentriertes Rezipieren mit wenig Husten, kalkulierter Pausen-Applaus, anschwellende Ovationen am Schluss, kulminierend über rhythmisches Klatschen bis zu Standing Ovations – fast zwanzig Minuten lang. So macht Oper Spaß! (frs)

 








 
Fotos: Michael Hörnschemeyer