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Fakten zur Aufführung 

DAS RHEINGOLD
(Richard Wagner)
31. Mai 2008 (Premiere)

Landestheater Detmold


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Zeitenwenden

Die „Weltesche“ beherrscht den Bühnenhintergrund; im Wasser des Rheins leben die Nixen um den mythischen Brunnen – bedrängt von Alberich und flirtend mit Wotan. Dann der Sprung ins Rokoko des Ancien Regime mit der düsteren Gewaltwelt der Nibelungen und dem feudalen Ambiente der Götter - Schauplätze der Konflikte einer historischen Zeitenwende zwischen Nibelungen, Göttern und Riesen. Kay Metzger entwickelt ein historisch plausibles Inszenierungskonzept, das die ökonomischen, gesellschaftlichen und moralischen Krisen zu Zeiten der Französischen Revolution treffsicher thematisiert. Das unaufdringlich deutliche Bühnenhandeln schafft ungemein einprägsame Bilder epochaler Kontroversen, lässt Raum für eindrucksvoll vielschichtige Charakterstudien und bevorzugt die intensiv deutenden Gesten. Loge in Kardinals-Rot wird zum intrigierenden ideologischen „Überbau“, präsentiert sich beim Einzug der Götter nach Walhall mit der brennenden Lunte – ein Bild praller Geschichtsdeutung mit den wirkungsvollen Mitteln lebendigen Theaters!

Petra Mollérus baut mit markanten Elementen – Esche, Mauer, Hecken – und wenigen, effektvoll präsentierten Requisiten einen handlungsorientierten Bühnenraum. Mit den plakativen Kostümen der Zeit entsteht ein Ambiente, das zum selbst-erklärenden Modell wird.

Erich Wächter gelingt mit dem hochkonzentriert aufspielenden Orchester des Landestheaters Detmold eine nachdrückliche Interpretation der Wagner-Komposition (wohl in der Coburger Fassung für ein „kleines“ Orchester). Es stimmen die Tempi, die Balance mit der Bühne funktioniert perfekt, und die Differenzierung der Instrumentengruppen unterstreicht die Vielschichtigkeit der zu deutenden Abläufe.

Geradezu sensationell ist die sängerische Qualität der Aufführung: Joachim Goltz glänzt mit kraftvoll flexiblem Bariton als manischer Underdog Alberich, ist das Äquivalent zum feudal-selbstgerechten Wotan, dem Mark Morouse markante Stimme verleiht. Johannes Harten ist ein souverän bestimmender Loge mit einem kraftvollen Tenor; Bruno Gebauer gibt einen kujonierten Mime; Runi Brattaberg beeindruckt als eher tumb-naiver Fasolt, Vladimir Miakotine als goldsüchtiger Fafner. Angelika Kirchhof spielt und artikuliert eine selbstbewusst-nachdenkliche Fricka, und Brigitte Bauma vermittelt eine ambivalent zweifelnde Freia. Evelyn Krahe singt die Erda mit prächtigem Alt, ist mit den klar singenden Hyun-Ju Park und Beate von Hahn auch eine der drei Rheintöchter, deren „Paradies“ dem Goldrausch zum Opfer fällt. Andreas Jören und Byoung Oh Kim verkörpern Donner und Froh als feudal-dekadente Neben-Götter. Ballett und Statisterie sind in optimaler Spiel-Laune, schaffen charakterisierende Situationen.

Nach der Walküre gewinnt der Detmolder „Ring“ Konturen. Die Spannung bei allen Beteiligten ist riesengroß, löst sich nach dem letzten Vorhang und macht unter dem begeisterten viertelstündigen Schlussapplaus befreitem Jubel Platz. Neben dem euphorischen Detmolder Publikum sind zahlreiche „Beobachter“ aus dem Kreis der Wagner-Gesellschaften und Programm-Macher von Theatern ohne eigenes Ensemble im atmosphärisch dichten Detmolder Theater - schließlich wird mit der Detmolder Produktion zum ersten Mal ein „Ring“ auf Reisen gehen! (frs)

 








Fotos: Michael Hörnschemeyer