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Fakten zur Aufführung 

GRÄFIN MARIZA
(Emmerich Kálmán)
26. Februar 2010 (Premiere)

Landestheater Detmold


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Aus einer längst vergangenen Zeit

Große, zerbrochene Bilderrahmen, ein Herrenhaus, dessen Charme deutlich aus einer vergangenen Zeit stammt, im Park Teile von einstmals stolzen Marmorstatuen. So deuten Wolfgang Dosch und sein Bühnenbildner Hans-Günther Säbel an, dass Emmerich Kálmáns Gräfin Mariza nach dem Untergang einer Epoche – der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie - spielt. Vor dieser beträchtlich ramponierten Kulisse tummelt sich das Personal der Operette, das den alten Vielvölkerstaat spiegelt: ein österreichischer Fürst, eine rumänische Gräfin, ein ungarischer Baron und eine böhmische Tante. Und da Wolfgang Dosch ein Kenner des Genres Operette ist, weiß er die Klippen der vermeintlichen Einfachheit des Stoffes zu umschiffen, dirigiert die Figuren auf der Bühne mit virtuoser Leichtigkeit durch die Intrigen der Handlung, spart weder mit Wortwitz noch mit einigen aktuellen Anspielungen und lässt gutmütig über die Operette spotten.

Doschs Personenführung auf der nicht besonders großen Detmolder Bühne ist absolut ausgereift. Er lässt mit Augenzwinkern ländliche Idylle ebenso entstehen wie laszives Nachtclubleben. Angela C. Schuett entwirft dazu für die dekadente, überkommene Adelswelt weiße Kostüme mit Rokokoperücken und kleidet das Zigeunerballett (Choreografie: Richard Lowe) kontrastreich in einfach-edles Schwarz. Das alles ist eine gelungene Mischung für einen Abend mit hohem Unterhaltungswert. Der wird allerdings ein wenig getrübt durch die Tatsache, dass Dosch und seinem Team die Witze am Ende etwas hemdsärmelig geraten. Vom Beginn des zweiten Aktes an erhöht sich die Schlagzahl der Pointen ziemlich drastisch und unangenehm. Hier wäre Zurückhaltung deutlich besser gewesen.

Viel Spaß bei der Sache bewiesen die Akteure auf der Bühne. Der Chor glänzte als Schar gelangweilter Bohèmiens, die kleinen Rollen waren bestens besetzt: Silke Dubilier als reiche Tante, Michael Klein ihr die große Weltliteratur zitierender Kammerdiener ebenso wie Rita Gmeiner als lesbische Fürstin, Torsten Lück als Karl Stephan Liebenberg und Georgi Karadjov als treuer Tschekko. Mit Funkeln in der Stimme singt Ki Sun Kim die wahrsagende Zigeunerin Manja, während Wojciech Wieczorek seine Geige den ganzen Abend über zum Schluchzen bringt.

Herrlich anzuschauen ist der intrigante Bojarenfürst Populescu, den Wolfgang von der Burg mit viel Hingabe und Spaß ganz eklig schleimend gibt. Brigitte Bauma überzeugt in der Titelpartie, die sie in allen Lagen sicher und ausgeglichen mit strahlender Stimme interpretiert, während Johannes Hartens Tenor für die Rolle ihres Geliebten Tassilo schon ein Stück zu schwer ist. Ihm mangelt es an Biegsamkeit, was er, vor allem in der Höhe, mit Lautstärke wettzumachen versucht.

Beate von Hahn als Tassilos Schwester Lisa überzeugt mit schöner, heller Stimme. Publikumsliebling ist aber Markus Gruber als ungarischer Baron Koloman Zsupan. Sein absolut ausgeglichener Tenor, gepaart mit viel Schauspiel- und Bewegungstalent, machen ihn zum Star dieser Detmolder Produktion.

Detmolds Opernchordirektor Marbod Kaiser leitet das gut aufgelegte Orchester des Landestheaters durch den Reigen süffiger Melodien, ohne zuviel Zuckerguss darüber zu vergießen. Das Publikum genoss den beschwingten Abend, ließ sich anstecken vom temperamentvollen Bühnengeschehen und applaudierte lange.

Thomas Hilgemeier










Fotos: Michael Hörnschemeyer