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ORTRUDS FRAGEN
Ortrud motiviert Gottfried zur Frage
nach dem "Warum?" - In Detmold gibt's einen elektrisierenden Focus des
"Lohengrin" schon zur Ouvertüre. "Befragt" werden die Personen - Elsa
auf ihren mythenbezogenen Lebensanspruch, Telramund auf seine ambivalente
Motivation, König Heinrich auf seine machtkonstituierende "Einheitsideologie",
schließlich Lohengrin mit seinem usurpierten Anspruch auf "Erlösung".
Jan-Richard Kehl inszeniert dies hochreflexive Szenario ohne Verzicht
auf die intensiven Beziehungen zwischen den Akteuren.
Das Bühnenbild von Michael Engel zitiert die (zerstörte) Fassade der Twin
Towers - man mag über weitere Assoziationen zur zivilisatorischen Hybris
gar nicht weiter nachdenken: Ortrud als moralisch gerechtfertigte Al Kaida?
Wohl nicht! So ist's mit dem aktuellen Verweis auf konkrete Bezüge: Optisch
ansprechend, inhaltlich disapart!
Gespielt und gesungen wird in Detmold auf hohem Niveau, und das alles
mit eigenem Ensemble! Brigitte Bauma gibt eine illusorisch-selbstbewusste
Elsa mit klarem Sopran; Margo Weiskam ist eine nachhaltig forschende Ortrud,
intensiver Mezzo mit leichten Schärfen; Hans-Otto Weiß strahlt als Heinrich
kalkulierte Menschlichkeit aus, beeindruckt mit flexiblem Bariton; Ulf
Paulsen ist ein zwiespältiger Telramund, seinem kraftvollen Bariton fehlt
noch die emotionale "Weichzeichnung"; mit Ivar Gilhuus steht ein stimmgewaltiger
Lohengrin auf der Bühne, reißt mit einer ungemein dramatischen Gralserzählung
hin!
Eich Wächter, Detmolds neuer GMD, führt das leistungsstarke Orchester
des Landestheaters zu einem üppig-differenzierten Wagnerklang: opulent,
klangschön, voller Dynamik, in wunderbarer Übereinstimmung mit den Solisten.
Wer erwartet hatte, dass zum Wahlfinale das lippische Publikum den Sieg "ihres" Schröder gar nicht abwarten könnten (der "Lohengrin" beginnt exakt
um 18.00 Uhr), sieht sich getäuscht: die hochklassige Aufführung lässt
keine Abschweifung ins Politische zu: keine Prognosen in den Pausen, kaum
Austausch von Hochrechnungen. Aber: zwanzig Minuten Applaus, das Orchester
auf der Bühne, standing ovations! (frs)
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