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Fakten zur Aufführung 

GÖTTERDÄMMERUNG
(Richard Wagner)
12. September 2009 (Premiere)

Landestheater Detmold


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Ins Futurum gebeamt

Die Zeitreise ist am Ende – eine neue kann beginnen: in fernster Zukunft. Nach den epochalen Brüchen der Französischen Revolution, dem Ersten Weltkrieg und der 68er Wende wird der Hippie Siegfried in eine futuristische Welt der Gibichungen demonstriert gebeamt, in eine total computerisierte Zivilisation mit technokratisch-inhumaner Oberschicht und geknechteten Heloten. Kay Metzgers Konzept geht auf, wird szenisch verstärkt durch die eingeführte Mutter Hagens, die ihren Sohn mit dem Speer ersticht, durch Rückverweise auf vergangene Epochen, durch einen Blick auf den Mythos: Siegfried als Hermann in der Schattenprojektion! Zudem vermitteln zahlreiche Details die Konsistenz der „Erzählung“ – Siegfrieds Gedächtnisverlust, die Blutsbrüderschaft mit Gunther, die Gibichungenhalle als Ort des letzten Abendmahls. Walhall verglüht, der abgestorbenen Esche wachsen neue Sprosse, eine Kugel verweist auf den Neuanfang.
Petra Mollérus baut eine imaginative Bühne ohne Firlefanz, dafür mit spektakulären Elementen: ein riesiger Halbzylinder als Hintergrund, ein schwebender Ring als magisches Symbol spiritueller Herrschaft, Kostüme im Science-Fiction-Look mit Manga-Ästhetik - und viel Raum für intensives Spiel!
Mit Christoph Stephinger ist ein ungemein stimmkräftiger Hagen zu hören, der mit wandelbarer Stimme die Rolle differenziert interpretiert, mimisch brilliert und zum Dreh- und Angelpunkt des tödlichen Geschehens wird. Johannes Harten gibt dem Siegfried seine sehr persönlich gefärbte Stimme, die sowohl durch unbändige Kraft überzeugt als auch fast lyrische Töne produziert – aber immer wieder unfrei wirkt und nicht zum leichten Strömen findet. Andreas Jören gelingt ein stimmlich souveräner Gunther, ungemein präzis in der Intonation, kraftvoll im Ausdruck – dabei einen ambivalenten Charakter darstellend. Brigitte Bauma ist eine emotional singende Gutrune, überzeugt durch variable Stimmgebung. Evelyn Krahe gibt der Waltraute stimmliche Überzeugungskraft, demonstriert bemerkenswerte Klangsicherheit verbunden mit nachhaltiger Intensität. Sabine Hogrefes Brünnhilde steigert sich zu einem fulminanten Schluss-Monolog: sicher in den dramatischen Höhen, bewegend in der ausdrucksvollen Mittellage, abgründig in den Tiefen. Evelyn Krahe, Brigitte Bauma und Beata von Hahn sind hörenswerte Nornen; Catalina Bertucci, Beate von Hahn und Anne Baumgarte geben den Rheintöchtern leuchtend-flirrende Glanzlichter. Joachim Goltz ist der insistierende Alberich, stimmlich eher zurückhaltend. Unter Felix Lemke ist ein erfreulich agiler Chor zu erleben, der sich entschlossen in die Forte-Passagen wirft und konzisen kollektiven Klang vermittelt.
Das Orchester des Landestheaters Detmold ist enorm spielfreudig, findet unter Erich Wächter immer wieder den Weg zum suggestiven Klang, zelebriert den Trauermarsch als pathetischen Hymnus an das Leid des Todes - irritiert aber immer wieder durch unpräzise Einsätze, durch Turbulenzen in den Forte-Tutti und durch störende Unsauberkeiten einzelner Instrumente.
Im wunderbar-stilechten Detmolder Theater versammelt sich das phantastische örtliche Publikum – langjährige Theaterfreunde, die Szene der Musikhochschule, Wagner-Afficionados von weither; diesmal ergänzt durch lippische Honoratioren, die am sensationellen Erfolg „ihres“ Theaters teilhaben möchten und durch nervendes Blättern im – informativen! - Programmheft auffallen.
Fünfzehn Minuten Applaus mit rhythmischem Klatschen und echten Standing Ovations. Detmolds „Ring“ kann getrost auf Reisen gehen! Good luck.

Franz R. Stuke











 
Fotos: © Michael Hörnschemeyer