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Fakten zur Aufführung 

ONE TOUCH OF VENUS
(Kurt Weill)
5. März 2010 (Premiere)

Kurt-Weill-Fest
Anhaltisches Theater Dessau


Points of Honor                      

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Alles hat (wieder) seine Ordnung

Am Broadway feierte der Dessauer Emigrant einen Erfolg nach dem anderen. Doch hierzulande ist und bleibt Kurt Weill mit seiner Dreigroschenoper und allenfalls Mahagonny verbunden. Seine Musicals, die er nach der Flucht vor den Nazis in London und vor allem in New York schuf,  fristen in seinem Heimatland ein kümmerliches Schattendasein. So kam One Touch of Venus nach der Uraufführung 1943 auf über 500 Vorstellungen, die deutsche Erstaufführung gab es erst 1994 in Meiningen. Anlässlich des Kurt Weill Musikfestes feierte seine Heimatstadt den Komponisten nun mit einer Neu-Inszenierung von One Touch of Venus im Opernhaus. Mit großem Erfolg, wenn auch zwiespältigem Ergebnis. 

Das Grundgerüst der Handlung ist schnell erzählt: Der Millionär und Kunstsammler Savory begeistert sich gerade an einer frisch erworbenen antiken Venus-Statue. Als sein Friseur Rodney in einem unbeachteten Augenblick der steinernen Schönheit den für seine Verlobte Gloria gedachten Ring an den Finger steckt, erwacht diese zum Leben und verliebt sich sofort in den Barbier. Es folgt ein buntes Intrigen-, Kriminal- und Liebesspiel, in dessen Verlauf auf der Suche nach der verschwundenen Statue Detektive angeheuert werden, der Friseur erst an seiner Verlobten festhält, sie schließlich fallen lässt,  mit Venus, die ihn immer mehr anhimmelt, im Gefängnis landet, wieder freikommt, sich schließlich doch in Venus verliebt - bis dieser dann dämmert, dass eine spießbürgerliche eheliche Zweisamkeit mit dem durch und durch geradlinig treu tumben Friseur  doch nicht das ist, was sie sich unter menschlichem Liebes-Leben vorstellt. Also wird sie wieder Göttin, verwandelt sich zurück in die steinerne Venus auf dem Podest beim Kunstsammler, alles hat wieder seine Ordnung und dem Friseur läuft just eine Kunststudentin über den Weg, die aufs Haar seiner verschwundenen Venus gleicht.... Happy End.

Dazu hat Weill einen typischen Broadway-Musical-Sound der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Big Band-Besetzung mit opulentem Streicherklang, über zwei Dutzend Songs und mehreren Ballett-Stücken komponiert. Das ist spritzig, fetzig, auch mal elegisch verhalten, die Musik jedenfalls überzeugt immer noch und  mehr als die manch einer eher seichten und eindimensionalen vermeintlich modernen  Musical-Komposition. Es ist Gebrauchsmusik, aber auf hohem Niveau, von einem großen Musikdramatiker geschaffen. Musikalisch war also alles bestens bestellt, auch dank der energischen und gleichwohl straffen und punktgenauen Leitung der Anhaltischen Philharmonie durch den Kurt Weill-Spezialisten James Holmes.

Zum Problem wurde nicht die scheinbar an die Zeit gebundene Musik, sondern die  neue Inszenierung. Musical will auch Glitzer, Glamour, Show  - die Regie von Klaus Seiffert lässt aber genau das vermissen, sie ist allzu bieder, brav und zahm. Es wird eigentlich nichts falsch gemacht, die Geschichte wird nachvollziehbar auf der Bühne erzählt, aber das ist zu wenig. Und wenn dann mal auf den Putz gehauen wird, kommen ein paar Knall-, Keif- und Schrei-Chargen rüber, wie die Verlobte Gloria (Kristina Baran) und ihre Mutter (Ulrike Hoffmann) oder der Privatdetektiv Taxi (David Ameln). Für die großen Songs wiederum ist der Regie nicht mehr eingefallen als Auftritt im Punkt-Scheinwerfer an der Rampe vor abgedunkeltem Hintergrund. Regie-Theater mag es ja manches mal etwas übertreiben mit der Interpretation, aber nur Eins-zu-Eins das Stück bebildern und abliefern ist denn doch zu wenig. Das wirkt hausbacken und platt. Schon der Wortwitz, obwohl in neuer Übersetzung, will nicht so richtig zünden (gesungen wird auf englisch), die Drehbühne mit ihrer Bauhaus-Fassade ist praktikabel, aber die Kostüme in ihrer Alltagskleidung (Imme Kachel) machen jegliches Hineinträumen in die große Show zunichte. Nur in wenigen Szenen kommt der Show-Charakter zur Geltung. So im großen Song von Molly, der Sekretärin des Kunstsammlers, wenn diese vor dem Glitzer-Vorhang von den Lover-Boys des Balletts umschwärmt wird und in der wunderschön treffenden und entlarvenden Ballett-Choreograhie (Mario Mariano) über die Hausfrauen-Zukunft der Venus mit Putztuch und Besen. 

Die tragenden Rollen waren gut besetzt, gesungen und gesprochen wurde musical-üblich mit Microports. Ute Gfrerer, die sich bereits als Weill-Interpretin einen Namen gemacht hat, gab eine stimmlich und darstellerisch überzeugende Venus,  ebenso wie Angus Wood als Friseur Rodney gefiel.  Ulf Paulsen, ansonsten als Wagner-Bariton im Einsatz, verkörperte den Kunstsammler Savory und als dessen handfeste Sekretärin Molly glänzte Ulrike Mayer.

Das Publikum zeigte sich schon nach den einzelnen Songs und Ballett-Einlagen angetan und feierte zum Schluss alle Beteiligten, einschließlich des Regie-Teams, mit großem Beifall, Trampeln und anerkennenden Pfiffen.

Axel Göritz