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Fakten zur Aufführung 

PARSIFAL
(Richard Wagner)
26. April 2008 (Premiere)

Anhaltisches Theater Dessau


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Glaube und Hoffnung

Johannes Felsenstein setzt in seiner Inszenierung des „Bühnenweihfestspiels“ sowohl auf den religiösen Mythos als auch auf die immanente Ambivalenz von Hoffnung und Glauben – im intensiven Bühnengeschehen ein ungemein eindringlicher Appell für Spiritualität und zugleich eine Absage an doktrinäre Frömmigkeit. Der unbegriffenen Verführbarkeit des Amfortas steht die ebenso geheimnisvolle Macht des Zauberers Klingsor gegenüber – es bleibt der Kontrast von Glaube und Magie, offen für spirituelle Sehnsüchte.

Stefan Rieckhoffs Bühne mit einem aussagestarken Baum-Element, das sich per Hubtechnik zu einem naturwüchsigen gekreuzigten Christus erhebt, schützendes Gehäuse für die bedrängte Kundry ist, zum Mittelpunkt der Zaubermädchen wird und den imaginären Hintergrund zum Wechsel von Raum und Zeit präsentiert - ist reduziert im materiellen Aufwand, aber vermittelt eine komplex-verstehbare „Bildwelt“.

Richard Decker gibt sowohl den infantilen „Tor“ als auch den zukünftigen zu erlösenden Erlöser mit voluminös-facettenreichem Tenor, wirkt darstellerisch allerdings unflexibel und vermittelt wenig spirituelle Betroffenheit. Ulf Paulsen erscheint als mumifizierter Leidensmann, interpretiert die ambivalente Rolle stimmlich konsequent bedrängt, hat am Ende Probleme mit den enormen Anforderungen. Manfred Hemm ist ein durchsetzungsstarker Gurnemanz, garantiert permanente stimmliche Präsenz und ist die Inkarnation des konsequenten Glaubens-Bewahrers. Nico Wouterse als klangsicherer Klingsor lässt stimmlich die geheimnisvoll-magische Gewalt des Zauberers hörbar werden - und mit der großartigen Iordanka Derilova ist eine Kundry zu erleben, die nicht nur einen grandiosen Mezzo vermittelt, sondern auch die unterschiedlichen Facetten der „Sünderin“ und im so diffizilen Schlussakt das erotische Versprechen attraktiv verkörpert. Rainer Büsching als Titurel aus dem Off, die kreativen Blumenmädchen Cornelia Marschall, Sabine Noack, Anett Fritsch, Jule Rosalie Vortisch, Kristina Baran und Anne Weinkauf sowie Gralsritter, Knappen, Opernchor und Kinderchor demonstrieren die Kompetenz des Anhaltischen Theaters Dessau.

Unter dem flexiblen Golo Berg lässt die konzentriert aufspielende Anhaltische Philharmonie Dessau – hinter der Bühne positioniert – einen hoch differenzierten Wagnerklang hören: durchaus schwelgend in den Tutti, aber auch sicher in den Forte-Passagen, mit differenzierten Piani und klar strukturierten Crescendi - offenkundig das Ergebnis intensiver Probenarbeit!

In Dessau versammelt sich neben den einheimischen Theaterfreunden eine geradezu riesige Gruppe auswärtiger Wagner-Freunde. Und nur so ist eines der größten Häuser der Republik allabendlich vollbesetzt: als überregional attraktives Haus bleibt das traditionsreiche Theater auch der entscheidende Faktor für kulturelle Entwicklung in einer Region im dramatischen Strukturwandel! (frs)
 








Fotos: Claudia Heysel