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Fakten zur Aufführung 

ROMEO ET JULIETTE
(Charles Gounod)
31. Oktober 2009
(Premiere: 17. Oktober 2009)   

Staatstheater Cottbus 


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Lebendiges,  berührendes, ergreifendes Theater

Die sogenannte Provinz ist an deutschen Opernhäusern immer wieder für eine positive Überraschung gut. Die Neuinszenierung von Charles Gounods eher selten gespielter französischen Oper Romeo et Juliette am Staatstheater Cottbus ist nicht nur eine willkommene Repertoire-Bereicherung, sondern muss sich trotz der bescheidenen Mittel des eher kleinen Hauses keineswegs hinter den großen Bühnen verstecken. Was die Spielfreude und das Bühnenleben angeht, ist es fast umgekehrt - manche eher statisch und staatstragend daherkommende Inszenierung im gut hundert Kilometer entfernten Berlin könnte sich ein Beispiel an der brandenburgischen  Provinz nehmen. 

Die Degen für die zentrale Szene des blutigen Kampfes zwischen den beiden verfeindeten Familien der Capulets und Montagues im Verona des 14. Jahrhunderts mussten zwar über die Förderer des Hauses gesponsert werden,  was aber dann Regisseur und Intendant Martin Schüler daraus macht ist atemberaubend. Hier treffen zwei Jugendgangs aufeinander, die sich in ihrer rohen körperlichen Gewalt nichts schenken, hier wird nicht nur symbolisch ein Kampfritual abgehandelt, sondern hier blitzt und klingt in aller Schärfe der Stahl, hier wird ums Leben gefochten, dass dem Zuschauer regelrecht Angst und Bange wird um die Bühnenakteure. Solch drastisches volles Ausagieren der Handlung ist auf einer Opernbühne ansonsten leider kaum zu erleben. Selbst wenn sich Romeo und Julia in ihrer Liebesnacht im Bette wälzen und drehen und umgarnen ist es nie überzeichnet oder gar peinlich, sondern der stimmige Ausdruck des Bühnengeschehens. Eine köstliche kleine Szene auch das neckende Spiel der beiden Verliebten um Gertrude, die Amme Julias, die resolut und einfühlsam wissend zugleich ihre schützende Hand über die beiden hält ( Carola Fischer mit ihrem überzeugenden Mezzosopran). Es ließen sich noch viele weitere einzelne Beispiele nennen (auch wie zu Beginn der Chor-Prolog durch kleine Gesten und Bewegungen an Farbe gewinnt), die immer wieder eines zeigen: hier wird lebendiges,  berührendes, ergreifendes Theater gespielt und nicht nur eine Arie gesungen. Solisten und Choristen bewegen sich auf der Bühne, erzählen durch ihr Agieren eine Geschichte, machen durch eine präzise und ausgefeilte Personenregie deutlich, worum es geht. Wie man mit wenigen Mitteln viel erreichen kann zeigt auch das dunkle Halbrund des Einheitsbühnenbildes (Gundula Martin), in dem mit jeweils sparsamen, aber prägnanten Requisiten eindrucksvolle Bildräume entstehen. Das Regie-Team setzt dabei auf ein konsequentes Nachtstück („Oh! Göttliche Nacht! Ich flehe dich an!“), das nicht nur mit dem Liebestod von Romeo und Julia an Richard Wagners Tristan und Isolde erinnert. Beide verfeindeten Familien sind meist in schwarzes Räuber-Zivil gekleidet, in hell strahlendem Weiß sind dem die Höflinge (Ballett) und der kurze, aber nachdrückliche Auftritt des Fürsten (Heiko Walter) in seinem Rokoko-Kostüm entgegengesetzt. Eher problematisch als von Nutzen ist der dauernde Wechsel von deutsch gesungenen Rezitativen in französisch gesungene Arien.  Das beißt sich und erklärt nichts (zumal wenn dann der französische Text deutsch übertitelt wird). 

Man wird an einem Haus wie dem in Cottbus nicht die ganz großen Stimmen erwarten - aber rollengerecht besetzt war das gesamte Ensemble. Darin herausragend noch der sonore Bass von Peter Lobert als Pater Laurent. Und natürlich der Romeo von Jens Klaus Wilde und die Julia von Anna Sommerfeld in ihrer bedingungslosen Liebe. Beide Titelhelden verfügen über jeweils kräftige,  vor allem in der Mitte volle und differenziert geführte Stimmen, die in den Höhenlagen etwas eng werden.  

Generalmusikdirektor  Evan Christ hatte das Geschehen immer voll im Griff  und führte das Orchester sicher durch die dramatischen Ausbrüche wie die ruhigen lyrischen Takte. Den Sängern war er eine verlässliche Stütze. 

Das Publikum der gut besuchten Vorstellung konzentrierte sich nach anfänglichen Hustenattacken zunehmend auf das Bühnengeschehen und spendete von Akt zu Akt mehr Beifall, der zum Schluss mit Bravo-Rufen für die Solisten und den Dirigenten durchsetzt war. 

Axel Göritz

 










Fotos: Marlies Kross