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Fakten zur Aufführung 

DIE ZAUBERFLÖTE
(Wolfgang A. Mozart)
20. April 2007

Konzert Theater Coesfeld

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Reflexion des Chaos

Es ist eine absolut außergewöhnliche Situation: Da stiftet ein überzeugt kunstsinniger, lokal verwurzelter Bauunternehmer seiner Heimatstadt im tiefsten Münsterland ein „Konzert Theater“ - zahlt nicht nur die Baukosten und frönt seinen exklusiven Vorlieben, sondern verkörpert eine ausgestorben geglaubte Spezies: Er ist ein Mäzen - schafft einen exzellenten Raum für Konzert und Theater und gibt damit Impulse für die kulturelle Weiter-Entwicklung einer eher kunst-fernen Region.

Dass die Wahl der Eröffnungs-Premiere auf die Zauberflöte des Anhaltischen Theaters Dessau fiel, entspricht den Intentionen des Mäzens: Zum einen ist Dessau ein Standort seines Unternehmens, zum anderen gibt Felsensteins Inszenierung vor, was ihn offenbar umtreibt: das permanente humane Streben nach individueller Gerechtigkeit.

Johannes Felsenstein zeigt Tamino, Pamina und Papageno als eher unbefangen Suchende in einer geheimnisvollen Umwelt mit apokryphen Anforderungen, aus denen sie sich mit dem Wunsch nach eigener Bewährung befreien.

Stefan Rieckhoff baut eine Bühne mit den klassizistischen Ingredienzien der Schinkelschen Vorstellungen, steckt die Protagonisten aber in kontrastierende Kostüme – in aktuelle Alltags-Outfits die einen, in pseudo-charismatisch verfremdete Kleidung die anderen (Königin der Nacht, Sarastro, auch Monostatos).

Marek Wojciechowski ist ein charismatischer Sektenführer Sarastro mit abgründig-ausdrucksstarkem Bass; Marian Albert gibt dem Monostatos ambivalent-stimmlichen Charakter; Stefanie Wüst vermittelt die (Rache-) Gefühle der Königin der Nacht mit brisanten Koloraturen. Viktorija Kaminskaite ist eine Pamina mit durchaus kraftvollen Tönen, Andriy Maslakov verleiht dem Papageno kernig-bodenständige Statur und Jörg Brückner versagt dem Tamino – typengerecht – jeden lyrischen Schmelz. Das Ensemble des Dessauer Theaters nutzt die Chance zu kompetent-engagiertem Gesang und beeindruckt dazu durch hoch engagiertes Spiel.

Golo Berg hat sich mit der Anhaltischen Philharmonie Dessau blendend auf die exorbitanten Anforderungen des akustisch hellhörigen Raums des Konzert Theaters Coesfeld eingestellt: Der späte Mozart klingt berauschend frisch, lässt Raum für die Instrumentengruppen und vermittelt die existentielle Ambivalenz der Partitur mit Angeboten zur Nachdenklichkeit.

Für das festlich gestimmte Premierenpublikum im möglichen neuen kulturellen Fokus des westlichen Münsterlands ist respektvolles Staunen angesagt – so hatten sich viele der oper-unerfahrenen Gäste eine Zauberflöte denn doch nicht vorgestellt.

Das Konzert Theater Coesfeld wird a la long beweisen müssen, dass der euphorische Premieren-Applaus zu stabiler Musiktheater-Begeisterung führt. (frs)